Licht und Schatten im Sport

Licht und Schatten im Sport

Auch die Sportler der Gemeinde durften sich freuen: Seit dem 11. Mai können sie ihrem geliebten Hobby nachgehen. Zumindest die meisten, denn bis mindestens 8. Juni haben die Hallensportler das Nachsehen. Der freiwillige Schulsport hingegen kann dank grossem Einsatz wieder starten.

Nachdem der Bundesrat die frohe Botschaft verkündet hatte, dass Sport ab Mitte Mai wieder erlaubt sei, freuten sich die Mitglieder der Könizer Vereine. Mit Elan machten sich die Verantwortlichen daran, Schutzkonzepte zu erstellen. Doch kurz darauf erhielten sie einen Dämpfer. Am 4. Mai verkündete die Gemeinde Köniz in einer Mitteilung, dass die Schul- und Sportanlagen in den Schulanlagen für Vereine und Institutionen frühestens am 8. Juni öffnen werden. Während also die Fussballplätze und Aussenräume unter Einhaltung der Schutzbestimmungen des jeweiligen Verbandes wieder genutzt werden können, haben die Hallensportler das Nachsehen. Der Gemeinderat begründete seinen Beschluss folgendermassen: «Der Entscheid ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Schulen den Präsenzunterricht am
11. Mai wiederaufnehmen und hohe Anforderungen in Bezug auf Hygiene und Schutzmassnahmen erfüllt werden müssen.»

Wiedererwägungsgesuch
Die Präsidenten der grössten Könizer Hallensportvereine, Thomas Gygax («Volley Köniz»), Bruno Kunz («Club 72 Köniz») und Stephan Michel («Floorball Köniz»), wendeten sich daraufhin mit einem Brief an den Gemeinderat, um ihr Unverständnis über die Entscheidung auszudrücken, da sie entsprechende Schutzkonzepte vorlegen können, in denen unter anderem auch das Hygieneverhalten dargelegt wird. Das Wiedererwägungsgesuch mit der dringenden Bitte, die Hallen doch zu öffnen, wurde abgelehnt. Der Gemeinderat wies noch einmal darauf hin, dass die Wiedereröffnung der Schule die Gemeinde und ihre Ressourcen vor hohe Herausforderungen im Hinblick auf die Hygienevorschriften und
Schutzmassnahmen stelle. Man wolle die Aufnahme des Präsenz­unterrichtes erst einmal anlaufen lassen. Weiter heisst es in der Antwort: «Das Verhindern einer allzu grossen Durchmischung von Nutzergruppen an den Schulen gibt zudem die Sicherheit, alles dafür zu tun, dass sich das Virus nicht weiterverbreiten kann.»

Unverständnis
Diese Argumentation kann Bruno Kunz nicht nachvollziehen: «Unsere Sportlerinnen würden erst nach Schulende zum Training kommen, das heisst, die beiden ‹Gruppen› würden nicht aufeinandertreffen. Auf unsere Argumente wurde in dem Schreiben nicht eingegangen, es wurde nur wiederholt, was in der ersten Mitteilung stand.» Im Schutzkonzept des Vereins steht, dass die Handballerinnen und Handballer nicht mit dem öV ins Training kommen, sondern nach Möglichkeit das Velo nehmen oder sonst per Auto anreisen sollen. «Ich fahre jeden Morgen früh am OZK vorbei. Als die Schule wieder offen war, habe ich gesehen, dass die Jugendlichen ohne Masken zu tragen mit dem Bus zur Schule gekommen sind, sich mit Küsschen begrüsst, umarmt etc. haben», berichtet der Handball-Präsident.

In der Antwort des Gemeinderates heisst es weiter: «Die Gemeinde trägt eine Mitverantwortung, damit die Infektionsraten nicht wieder ansteigen. Kein Verein und kein Verband kann diesbezüglich Vorgaben machen, auch wenn sie über selbst genehmigte Schutzkonzepte verfügen.» Kunz erzählt, dass die Schutzkonzepte erst eingereicht werden konnten, nachdem der Entscheid schon gefällt worden war. Gemeinderat Hans-Peter Kohler, Direktionsvorsteher Bildung und Soziales, erklärt: «Die Räumlichkeiten der Schulen werden von vielen Vereinen, nicht nur im Sportbereich genutzt. Um alle Konzepte zu überprüfen, blieb gar nicht genug Zeit bis zum
11. Mai. Ich sage nicht, dass sie nicht gut sind.» Die Hygiene sei nicht zu unterschätzen, das sei der Gesamtgedanke des Gemeinderates und von ihm als Arzt im Besonderen. «Wir haben uns entschlossen, die Innenräume vorerst nur den Schulen, der Musikschule und dem Schulsport zur Verfügung zu stellen, denn umso mehr Leute in den Räumen sind, umso mehr potentielle Virenüberträger sind unterwegs», meint Kohler. Würde man für einen Verein eine Ausnahme machen, dann wollen alle. «Wir haben abgewogen, was notwendig und zweckmässig ist. Wir verstehen den Unmut, bitten aber um Verständnis», fügt der Gemeinderat hinzu.

«Volley Köniz»
«Nach dem Entscheid des Bundesrates haben wir über das Wochenende unser Konzept erarbeitet und die ganzen Hallenpläne neu erstellt, damit wir bereit sind. Alles für nichts», zeigt sich Thomas Gygax enttäuscht, «Die Begründung des Gemeinderates können wir nicht nachvollziehen. Die Hallen sind für den Schulsport bis 17.30 Uhr geöffnet und werden dann geschlossen. Die Benutzung von Garderoben und Duschen wäre sowieso nicht erlaubt – wo ist denn da der zusätzliche Aufwand?» Noch unverständlicher sei diese Entscheidung, wenn man bedenkt, dass die Stadt Bern und die meisten anderen Gemeinden die Hallen geöffnet haben. Das machte sich «Volley Köniz» zunutze: «Wir haben bis zum 8. Juni eine Turnhalle einer Schule in Bern gemietet. Das generiert zwar zusätzliche Kosten in einer Zeit, in der die Finanzierung eines Sportvereins sowieso eine grosse Herausforderung ist, aber das sind wir unseren Sportlerinnen schuldig.» Zusammen mit den Hallenzeiten in der «Weis­sensteinhalle», die dem Verein zur Verfügung stehen, können nun alle Mitglieder mindestens einmal pro Woche ein Training absolvieren. Das würde geschätzt werden.

«Floorball Köniz»
Auch der Unihockeyverein profitiert davon, dass die «Weissen­steinhalle» auf Berner Gebiet liegt. «Wir sind in der besseren Situation, dass wir dort ‹beheimatet› sind. So können zumindest einige unserer Teams wieder trainieren», erklärt Stephan Michel auf Nachfrage. Natürlich sei das Training aufgrund der Schutzkonzepte stark eingeschränkt, aber sie würden die langersehnte Wiederaufnahme des Sportbetriebes erlauben. «Die Entscheidung des Gemeinderates die Sportanlagen trotz der Lockerungen des Bundesrates nicht zu öffnen, war auch für uns eine Enttäuschung. Wir hoffen sehr, dass die Gemeinde Köniz bald nachziehen wird.»

«Club 72 Köniz»
Der Handballverein leidet am meisten unter der Situation. «Wir haben nur am Freitagabend einen 90-Minuten-Slot in der ‹Weis­sensteinhalle› erhalten. Das ist die einzige Hallenzeit, die wir haben, da wir sonst hauptsächlich im OZK und einer kleinen Halle trainieren», sagt Bruno Kunz. So habe die U14 am Tag vorher bei 9,5 Grad draussen Sport getrieben, «wie gut auch immer das gehe». Aber gar nichts machen, sei auch keine Option. Schliesslich haben die Mannschaften gegenüber ihren Gegnern, die unter Einhaltung des Schutzkonzeptes trainieren können, einen Nachteil. «Wir nehmen, was wir bekommen», so der «Club 72»-Präsident. Wenig Verständnis bringt er für den Satz auf: «Die Entscheidung sei nicht gegen den Sport, sondern für die Gesundheit gefallen», den die Gemeinde in ihrem Antwortschreiben formulierte: «Das klingt so, als würden sie sich anderswo gegen die Gesundheit entscheiden. Das stimmt nicht. Sport ist schliesslich gesund.»

Freiwilliger Schulsport
Für Jacques Cordey, den Schulsportverantwortlichen der Gemeinde Köniz, begann mit dem «Herunterfahren» Mitte März schon die Planung für die Wiederaufnahme des freiwilligen Schulsports: «Ich habe mir Gedanken gemacht, hatte Ideen, von denen ich viele wieder verworfen habe. Aber so war ich bereit, als der Entscheid für die Wiederaufnahme fiel. Hätte ich erst dann begonnen, wäre es nicht möglich gewesen.» Es sei kompliziert gewesen, da niemand wusste, wozu der freiwillige Schulsport zählt. Cordey wandte sich an Bund und Kanton, da diese mit den verschiedenen Verbänden kommunizieren. Das Problem, der freiwillige Schulsport gehört keinem Verband an und somit fühlte sich niemand zuständig. Bis schliesslich die Konferenz der Kantonalen Sportbeauftragten (KKS) beschloss, der freiwillige Schulsport gehöre zum «Setting Schule». «Ich habe dann geklärt, was für Schulen gilt, und habe mir die Konzepte der verschiedenen Sportarten angeschaut», erklärt Jacques Cordey.

Grosser Aufwand
Er machte mit den Leitern eine Risikoanalyse für jede angebotene Sportart und entwickelte daraus Möglichkeiten für angepasste Durchführungen. So gelang das «Kunststück», dass bis auf Schwimmen alle Kurse durchgeführt werden können: «Beim Schwimmen sind unsere Vorbehalte zu gross. Die Erstklässler müssen begleitet werden, das gäbe selbst bei Parallelgruppen noch ein zu grosses Aufeinandertreffen in den Garderoben, daher haben wir uns schweren Herzens gegen eine Durchführung entschieden.» In anderen Sportarten werden die Gruppen gesplittet, Körperkontakt vermieden und den Kindern Verhaltensregeln, wie auf Handschlag verzichten sowie Hände waschen vor und nach dem Training, erklärt. Cordey war auch überwältigt vom Willen seiner Kursleiter: «Alle haben mitgeholfen, dass wir die Kurse durchführen können. Ein Leiter beim Handball hat sich zum Beispiel bereit erklärt, dass er beide Gruppen unterrichtet, aber eine davon umsonst.» Obwohl es keine Schulmeisterschaften, die schon organisiert waren, und Ferienkurse gibt sowie die Ausrichtung der Lager noch in den Sternen steht, freut sich der Schulsportverantwortliche: «Es ist schön, den Kindern wieder etwas bieten zu können. Es soll ihnen Spass machen, sie haben die Möglichkeit sich wieder sportlich zu betätigen. Das ist wichtig.» Und ein kleiner Schritt in Richtung Normalität.

Teilen Sie diesen Bereich

Beitrag:
«Licht und Schatten im Sport»

Die meistgelesenen Artikel

Kontakt

Datenupload

Der einfachste Weg uns Ihre Daten zu senden!

Werbeberatung

Schritt 1 von 2