Mehr Lohn, aber weniger im Beutel

Mehr Lohn, aber weniger im Beutel

«Es ist durchaus einzigartig, dass man in solch einer Runde über die lokalen Löhne 2024 spricht», weiss André Frey. Der Präsident der IGW sollte recht behalten: Die rund 30 Unternehmer aus dem Wangental sprachen offen über ihre Situation, ihre Zukunft, ihre Freuden, Sorgen und Ängste.

So klein das Tal erscheinen mag, so vielfältig sind die Branchen, die sich hier angesiedelt haben: vom Winzer bis zum Treuhänder. Während gewisse bis zu 5 % mehr Lohn zahlen werden, stecken andere in den roten Zahlen und können sich solche Steigerungen nicht leisten. Wiederum andere sind gezwungen, sich einem Gesamtarbeitsvertrag zu beugen. 

Der Export leidet

Doch die Lohnrunde der IG Wangental ist keine Selbsthilfegruppe, sondern der lokale Schlusspunkt eines Referats, das es in sich hatte: Raiffeisen Chefökonom Fredy Hasenmaile gab den Anwesenden einige Prognosen für die kommenden Monate bekannt und mag wohl die eine oder den anderen verblüfft haben, denn die lokalen Unterschiede lassen sich durchaus mit den nationalen Befindlichkeiten vergleichen. «Grosse Firmen haben mehr Probleme als die KMU, 63 % sagen, dass die Aufträge abnehmen», stellt der Experte fest. Der Grund sind die Exportgeschäfte. Es geht dabei um das Verhalten der grossen Einkäufer. «Die Pandemie beeinflusst noch immer die Situation. Lieferprobleme sorgen dafür, dass man die Lager anderweitig füllt. Solange die aber voll sind, wird weniger bestellt», fasst Hasenmaile zusammen.

Stabile Schweiz

Dieses Phänomen schlägt in der Schweiz weniger zu Buche als in den umliegenden Ländern. Deshalb stellt er der Nationalbank ein gutes Zeugnis aus. In der Achterbahnfahrt durch Inflation und steigende Zinsen hat diese viel für die Preisstabilität getan. Zudem sei die Schweiz ein Meister der «administrierten Preise». Mieten, Strom, Landwirtschaft, 30 % aller Preise sind kontrolliert und geregelt. «Wenn nun eine Inflation kommt, sind die plötzlich wertvoll. Sie verzögern den Effekt und flachen ihn ab.» Gerade der Strommarkt sei so ein Beispiel, die Schweiz habe geringere Energie-Abhängigkeiten als andere Länder. Während die Teuerung andersweitig gar die 10-%-Hürde überschritten hat, bleibt die Schweiz unter 3 %. «Alles, was unter 3 % liegt, ist im grünen Bereich», ordnet Hasenmaile ein.

Lohnsteigerung hilft zusätzlich

Dass der Konsum in diesen unsicheren Zeiten weiterhin stabil bleibe, habe anfänglich etwas verblüfft. Der Finanzexperte zieht den Teuerungsausgleich bei den Löhnen heran. Die durchschnittlich 2 % Lohnerhöhung im Vorjahr hätten die Teuerung abfedern können und den Konsum stabil gehalten. Nun aber bröckle die Stabilität etwas. Kurzzeitig werden Mieterhöhungen und die Auswirkungen des erhöhten Referenzzinssatzes spürbar und würden die Teuerung noch einmal anheben, ehe sie sich dann im Jahr 2024 bei zirka 1,8 % einpendeln werde. Die Lohnausgleiche bewegen sich für das Jahr 2024 im selben Bereich, in dem die Teuerung angesiedelt wird. «Doch das wird nicht reichen. Die steigenden Krankenkassenprämien machen diese Stabilität letztendlich zunichte», schliesst Hasenmaile seine Ausführungen für das Jahr 2024.

Der Export kränkelt, der Binnenmarkt läuft derweilen relativ gut. Fast möchte man meinen, die Wangentaler-Unternehmen hätten das Referat schon einmal gehört. Die nationalen Ausführungen vom Raiffeisen Chefökonom lassen sich im Wangental ebenfalls ablesen. Doch die IGW-Lohnrunde fördert noch eine Besonderheit ihrer Unternehmungen zu Tage. Eine, die wunderbar in die Weihnachtszeit passt: Die Chefetagen sparen an ihren Löhnen, um den Mitarbeitenden mehr zu geben. So erhalten die Arbeitnehmenden, die aufgrund der Teuerung weniger im Geldbeutel haben werden, vielerorts mehr Lohn.

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