Mehr Mitspracherecht für das Volk

Mehr Mitspracherecht für das Volk

Das ging zackig. Im November verlangte das Parlament die Möglichkeit, eine befristete Steuererhöhung einzuführen. Dies muss in der Gemeindeordnung ergänzt werden. Der Gemeinderat hat die Vorlage bereits erarbeitet und das Parlament verabschiedet. Nun entscheidet das Volk.

Noch nicht über eine Steuererhöhung, sondern ob die Gemeindeordnung mit dieser Möglichkeit erweitert werden soll. Aber es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten um zu erahnen, dass dieses Mittel demnächst zur Anwendung kommen soll. Die Finanzlage ist kritisch und «wir brauchen ein ganzes Orchester, um Verbesserungen zu erzielen», sagte Gemeindepräsidentin Annemarie Berlinger-Staub. Die befristete Steuererhöhung ist ein Instrument hierfür.

Senkung als Ziel
Allerdings ein wichtiges, «das in früheren Zeiten noch für mehr Misstöne geführt hat, als heute», kommentierte Berlinger weiter. Der Initiant dieser Idee, Casimir von Arx (GLP), erinnerte kurz daran, dass die letzte geplante Steuererhöhung im Jahr 2018 beim Volk keine Mehrheit fand. Die Fraktion der Mitte Parteien lancierte schon damals einen solchen Vorschlag als Folge dieses Abstimmungsresultats. «Aber aller guten Dinge sind zwei», scherzte von Arx. Eine Abstimmung über eine Steuererhöhung ist unausweichlich, «das sollten nun die allermeisten begriffen haben», meinte David Müller von den Grünen. Damit diese Not mehrheitsfähig wird, will von Arx der Bevölkerung mehr Einfluss geben. «Die Steuererhöhung ist mit einem zeitlichen Ziel verknüpft, an welchem die Steuern wieder gesenkt werden müssen. Wird dieses Senkungsziel nicht erreicht, hat die Bevölkerung die Möglichkeit, neu darüber zu bestimmen», führt von Arx aus. Nur das Organ das beschliesst, also die Bevölkerung, kann es auch wieder aufheben, lautet die Logik. Das Volk schafft also eine Verbindlichkeit und hat zusätzliche Handlungsmöglichkeiten. «Es hat eine disziplinierende Wirkung auf Parlament und Gemeinderat, selbst wenn das Ziel nicht erreicht wird», schliesst er seine Ausführungen. Mit diesem befristeten Charakter kann die Akzeptanz einer Steuererhöhung sicherlich verstärkt werden. Das neu geschaffene Instrument ist wie eine Alternative. Entweder man bringt eine Steuererhöhung ohne Frist vors Volk oder eine mit; allenfalls sogar beide Varianten. Die Gemeinde kann flexibel agieren.

Die Bedenken
Jede Neuerung birgt das Risiko, dass nicht alles einfach nur besser wird. So gab es zu diesem Vorschlag auch gewisse Bedenken, vor allem auf der linken Seite. Seit letztem November, als die Motion erheblich erklärt wurde, ist ein Kritikpunkt nach wie vor nicht verflogen. «Die heutige Situation sieht nicht danach aus, als dass solche Senkungsziele realistisch sind», warnte David Müller (Grüne). Es handle sich also eher um eine Taktik, das Volk von dieser Not besser überzeugen zu können, sagte auch die SP. Es sei letztendlich Sand in die Augen der Wähler gestreut, wiederholten die Linken ein Bild aus der letzten Debatte.

Die Chancen
Diese Voten fanden im Parlament aber keine Mehrheit. Die Tatsache, dass ein Instrument geschaffen wird, das leicht verdaulich wirkt, überzeugte eine Mehrheit. Mehr noch: das Volk kann so indirekt Druck auf Gemeinderat und Parlament ausüben. Denn diese müssen sorgsam mit den Ausgaben umgehen, um das Ziel zu erreichen. Selbst wenn Sie es verfehlen, haben sie schon daran gearbeitet und wenigstens einen Teilerfolg verbuchen können. Das zumindest versprechen sich viele von dieser neuen Variante. So gesehen überrascht es nicht, dass 32 der 37 Anwesenden für die entsprechenden Ergänzungen der Gemeindeordnung stimmten. Damit war die Arbeit der Parlamentariereinnen und Parlamentarier aber noch nicht getan. Elf Abänderungsanträge für die Botschaft zur Abstimmung sollten den Text verständlicher machen. Das gilt jedoch nicht für den Titel, der wirkt nach wie vor etwas bürokratisch und lautet: «Änderung Gemeindeordnung, Anpassung der Kompetenzregelung bei Erhöhungen der Steueranlage.» Erst dann folgt der verständliche Zusatz: «Instrument einer befristeten Steuererhöhung.» Ob umständlich oder verständlich, Gemeinderat und Parlament haben alles vorbereitet und empfehlen Gemeindeordnung mit diesem neuen Mittel zu ergänzen.

Das Volk kann am 13. Juni an der Urne entscheiden. Nicht nur, ob es das Instrument einer befristeten Steuererhöhung mit Senkungsziel zukünftig nutzen will sondern auch, ob es damit mehr Mitspracherecht in Sachen Steuern wünscht. Genau so wenig wie es hellseherische Fähigkeiten braucht, benötigt man auch kein mathematisches Können um zu erkennen, dass die Neuerung schon im Herbst erstmals zur Anwendung kommen könnte. Die Finanzlage duldet keinen Aufschub mehr.
Sacha Jacqueroud

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