Am 1. Juli 1972 übernahm der Vater von Georges Staub die kleine Bäckerei in Wabern und baute sie stetig weiter aus. 1988 übergab er die Leitung an seine Söhne. Roland Staub führte den Betrieb gemeinsam mit Georges zehn Jahre lang, bevor er eine Stelle als Konditor im Inselspital Bern annahm.
Ab dem Jahr 2000 hatte die Bäckerei relativ viele Grosskunden, unter anderem das Inselspital. Daraufhin wuchs das Unternehmen und Staub hatte bis zu 30 Angestellte. Aber 2010 kam der Schock, nach 45 Jahren, in denen die Bäckerei das Inselspital beliefert hatte, entzog das Krankenhaus den Auftrag. Staub kämpfte gemeinsam mit den Bäckereien Röthlisberger und Dubi dagegen an. 2012 gab es nach einem Gerichtsentscheid eine weitere Ausschreibung, diese war allerdings so gemacht, dass nur Grossbäckereien die Kriterien erfüllen konnten. Das war ein harter Schlag für den kleinen Betrieb, er verlor auf einen Schlag 25% vom Umsatz. 2013 gaben sie einen weiteren Grosskunden auf, da sich der Aufwand nicht mehr rentierte. Allein 2017 gaben fast 30 Bäckereien in der Schweiz auf. Meist kleine Betriebe, die zu wenig rentierten oder keinen Nachfolger fanden.
Weder Staubs Sohn, der im Moment die Lieferungen übernimmt, noch seine Tochter, die eine Ausbildung zur Kindererzieherin macht, wollten die Bäckerei übernehmen. Dies war von Anfang an klar.
Zukunftspläne
«Langsam reifte der Gedanke in mir, dass es Zeit wäre aufzuhören. Vor zwei Jahren habe ich den Verwaltungsratspräsidenten der Grünau AG kontaktiert, ob Interesse bestehen würde, unser Land und Haus zu kaufen. Ab dem
1. Februar 2018 werden diese die neuen Besitzer sein», sagt Georges Staub und fügt hinzu: «Es haben immer mehr Geschäfte, wie Aldi und Lidl, eröffnet, das führte zu einem leichten Umsatzrückgang. Ich war an dem Punkt, wo ich mich gefragt habe, ob ich so weitermachen will. Ich habe für das, was ich gearbeitet habe, zu wenig verdient. Wenn man jeden Tag zwölf Stunden arbeitet, sollte mehr übrig bleiben. Aber das war nicht der Fall.» Am Morgen zwischen eins und halb zwei begann der Arbeitstag des Bäckers und nach zwölf Stunden war er zu Ende, wenn nichts dazwischen kam. Freitagnacht fing er um 22 Uhr an, um am Samstag früher fertig zu sein. Damit blieb natürlich auch das Sozialleben auf der Strecke: «Ich freue mich jetzt darauf, eine Stelle mit normalen Arbeitszeiten antreten zu können. Endlich können wir uns wieder um soziale Kontakte kümmern, die auf der Strecke geblieben sind sowie neue aufbauen.»
Der 60-jährige wird im April bei der Grünau AG im technischen Bereich anfangen: «Das hatten wir so ausgemacht, für den Fall, dass sie das Grundstück früher übernehmen wollen. Ich werde 60% bei ihnen arbeiten. Es ist eine völlig neue Aufgabe, aber ich freue mich darauf.» Seine Lebensgefährtin Esther Rolli wird noch zu 50% bei Röthlisberger im Büro arbeiten. Das reicht ihnen, da jetzt die Kinder aus dem Haus sind. Beiden ist es wichtiger, an Lebensqualität zu gewinnen und endlich mehr Zeit füreinander zu haben.
Fussballfan
Vor 25 Jahren begann Esther Rolli in der Bäckerei zu arbeiten, erst im Verkauf, dann in der Sandwichproduktion und 2001, als die beiden ein Paar wurden, übernahm sie die Leitung zusammen mit Georges Staub. «Es ist gar nicht möglich, einen kleinen Betrieb zu führen, wenn die Frau nicht mitmacht. Beide müssen an einem Strang ziehen», erklärt der Sportfan. Seit sieben Jahren betreut er die Junioren des FC Wabern, was ihm viel Spass macht und wo er sich weiter engagieren möchte. Ein grosser Traum von ihm ist es, zur Fussball-Weltmeisterschaft nach Russland zu reisen: «Ich war bei der WM in Brasilien. Dreieinhalb Wochen, das war die grösste Reise in den 30 Jahren, in denen ich die Bäckerei geführt habe. Das war damals auch nur möglich, da ich einen Backstubenchef hatte. Jetzt ist es mein Ziel, nach Russland zu fahren. Ein paar Spiele anschauen und das Land sehen.»
Bevor es soweit ist, müssen sowohl Rolli als auch Staub unters Messer. Aber sie nehmen es mit Galgenhumor: «Danach sind wir wieder hergestellt.» Es ist wichtig, dass wir uns ein wenig zur Ruhe setzen und sich unsere Körper regenerieren.
Esther Rolli fällt der Abschied noch schwer: «Ich habe mich noch nicht an den Gedanken gewöhnt, dass es bald alles vorbei ist. Der Laden ist meine Stube und immer wieder kommen Leute vorbei und sagen, dass es ihnen leid tut.» Georges Staub dagegen hat schon abgeschlossen: «Ich habe ja lange Zeit gehabt, mich damit zu beschäftigen, und jetzt freue ich mich auf die Zukunft.»


