Mittendrin in der vielfältigen Geschichte

Mittendrin in der vielfältigen Geschichte

Fritz Brönnimann lebt seit Geburt in Zimmerwald. Seine 14-jährige Amtszeit als Gemeindepräsident war geprägt von alltäglichen Vorgängen bis hin zu einem Ereignis, das 100 Jahre vorher stattfand und danach globale Auswirkungen hatte. Sein guter Zugang zu Menschen war stets gefragt und wertvoll.

Das feierliche Apéro zum Amtsantritt von Fritz Brönnimann musste noch etwas warten. Zu wichtig war seine erste Handlung als neu gewählter, parteiloser Gemeindepräsident. Pünktlich zu Arbeitsbeginn, kurz nach Mitternacht des 31. Dezember 2003, wurde das neue Wappen der Gemeinde Wald eingeweiht, nachdem die Einwohnergemeinden Zimmerwald und Englisberg fusioniert hatten. Nachmittags gab es in der Turnhalle eine kleine Feier zu Ehren der neuen Gemeinde. Mit einem Präsidenten, der von nun an ein Amt ausübte, das er gar nicht gesucht hatte. «Natürlich, ich habe mit der Zeit schon mitbekommen, dass ein gewisses Interesse an meiner Person besteht. Trotzdem habe ich anfangs eher an eine Spassfrage gedacht», blickt er zurück. Aus dem Spass wurde ernst. Weil sein Entscheid zwar gut überlegt, aber auch schnell klar war: «Ich stelle mich zur Verfügung.» Nach der Wahl in den Rat mit 7 Sitzen habe ihn das erfreuliche Ergebnis gereizt, auch für das Präsidium zu kandidieren. Die Kandidatur endete mit der Wahl zum Gemeindepräsidenten. Auch 2 Jahre nach seinem Rücktritt sagt Fritz Brönnimann mit Überzeugung: «Ich habe meinen Entscheid nie bereut, ganz im Gegenteil. Ich hatte einen guten Zugang zu den Menschen und war stets bemüht, Sachpolitik zu betreiben.» Das wurde belohnt, man wählte ihn regelmässig wieder. Präsident ist er also nicht mehr, Vize-Präsident hingegen schon. Wenn auch nicht der Gemeinde, dafür beim Verein Berner Wanderwege. Wandern ist die grosse Leidenschaft von Fritz Brönnimann, die Ausbildung zum Wanderleiter war naheliegend.

Dankbarkeit auch im Rückblick
Die Lust auf Neues treibt ihn an, unbekannte Wanderrouten zu erkunden. Das kann Tage dauern und muss festgehalten werden. Dafür eignen sich Wanderbücher besonders gut. Für die Berner Wanderwege hat er bereits deren 3 verfasst. Das Schreiben liegt dem ehemaligen Gemeindepräsidenten, genauso wie seinem Vater. Der war ebenfalls Gemeindepräsident und verfasste heimatkundliche Broschüren. «Er hat fast alles beschrieben, was es rund um Zimmerwald zu beschreiben gibt. Ich sehe mich nicht als Archivar, eher als Schreiber zu geschichtlichen Ereignissen der Gemeinde.» Fritz Brönnimann arbeitete 30 Jahre als Bauingenieur ETH in einem Ingenieurbüro. Etwa in der Hälfte der Präsidialzeit trat er aus dem Arbeitsleben aus. Es waren gesundheitliche Gründe, die ihn dazu veranlassten. «Ich machte damals einen Kassensturz, um die Auswirkungen der frühzeitigen Pensionierung zu beurteilen.» Er ist rückblickend froh und dankbar für diesen Schritt. Es geht ihm gut, die neue Lebenssituation schenkte ihm mehr Zeit. Die konnte er auch gebrauchen, fiel doch der richtige Umgang mit einem historischen Ereignis in die Amtszeit von Fritz Brönnimann. Alle wussten, dass es kommen würde; alle wussten, dass man es nicht verdrängen konnte. Gemeint ist die Friedenskonferenz, die 1915 in Zimmerwald stattgefunden hatte.
Friedensbemühungen zu Zeiten des Ersten Weltkrieges, dagegen hätte niemand etwas gehabt. Nur: Die Teilnehmer waren die führenden Sozialisten und Kommunisten Europas. Lenin, der nachmalige Staatsgründer der Sowjetunion, war dabei; auch Leo Trotzki, der spätere Gründer der Roten Armee.
Die Akzeptanz dessen, was war
Organisiert wurde die Geheimkonferenz, die während 4 Tagen in der Pension Beau Séjour stattfand, von Robert Grimm. Er war sozialdemokratischer Nationalrat, einer der führenden Köpfe der schweizerischen Arbeiterbewegung und beabsichtigte, mit der Konferenz zu einer friedlichen Lösung in Europa beizutragen. Nahezu unbemerkt machten sich die rund 40 Teilnehmer auf Pferdefuhrwerken auf nach Zimmerwald. Man stelle sich vor: Ein paar Leute machen sich daran, die Welt umzukrempeln und keiner merkt es. Denn die Auswirkungen der Konferenz wurden bald sichtbar. Sei es der Generalstreik in der Schweiz 3 Jahre später, oder 2 Jahre danach die Oktoberrevolution in Russland, angeführt von Lenin. Die Spaltung der Arbeiterbewegung in Kommunisten und Sozialdemokraten war ebenfalls eine Folge der Zimmerwalder Konferenz. In der Sowjetunion erhielt der Name Zimmerwald eine fast schon sagenumwobene Bedeutung. Im Ort selbst sah man das anders. Niemand hatte Interesse, sozusagen als Wiege des Kommunismus zu gelten. So sind auch die jahrelangen Versuche zu deuten, das historische Ereignis zu verdrängen. Fritz Brönnimann als Gemeindepräsident näherte sich dem Ereignis sehr pragmatisch. Sein guter Zugang zu Menschen, vielleicht die Tatsache, dass er parteilos war, dürften dabei geholfen haben. «Die Konferenz ist eine historische Tatsache. Sie muss nicht gefeiert, aber auch nicht verdrängt werden.» Er setzte sich dafür ein, dass im September 2015 in Zimmerwald ein Gedenkanlass stattfand. Solches passt zu Fritz Brönnimann; als Mensch, aber ebenso als Politiker: keine parteipolitischen Zänkereien, keine ideologischen Zwänge. Sein Umgang mit dem historischen Ereignis löste ebenfalls keine negativen Reaktionen aus.

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