Die Idee dazu kam dem Könizer, als er auf den sozialen Medien Videos aus Italien sah, in denen DJs ihre Pulte mitnahmen und so mit den Leuten Balkon-Partys feierten. «Da ich eher sportlich und weniger musikalisch orientiert bin, kam ich auf die Idee, Trainings zu veranstalten. Hier wohnen recht viele ältere Leute. Bewegung kommt zu kurz, da sie nicht raus sollen», erzählt Jonas Schäfer. Anfangs hängte er Zettel im hinteren Teil des Blocks auf, um zu schauen, ob überhaupt jemand interessiert ist. «Fast alle haben mitgemacht.» Es folgten der mittlere und vordere Teil, inzwischen machen auch Bewohnerinnen und Bewohner der Häuser auf der anderen Strassenseite mit. So trainieren rund 20 Leute für rund 25 Minuten mit dem ehemaligen Unihockey-Spieler. Aufwärmen und Dehnen gehören ebenso zum Programm wie ein Kraft- und Cardioteil. «Kurze Sprints an Ort und Stelle sind auf dem Balkon ebenso möglich wie Übungen, für die man nur den Körper und 2 Wasserflaschen benötigt», erklärt der Hobbytrainer. Jeden zweiten Tag stellt er sich in den Hof, um den Nachbarinnen und Nachbarn Abwechslung in ihrem Alltag zu bieten. Ein Nachbar lobt: «Früher hat Jonas bei uns an der Tür geklingelt, um Sponsorengelder für ‹Floorball Köniz› zu sammeln, heute gibt er mit dieser Aktion etwas zurück. Das finde ich super.»
Training
«Die Rückmeldungen der Leute sind sehr positiv. Fast alle machen jedes Mal mit. Es sind Teilnehmer im Alter von 50 bis 90. Das finde ich beeindruckend», sagt Jonas Schäfer sichtlich stolz, «Kraft und Ausdauer kommen in der jetzigen Zeit viel zu kurz, wenn man nur kleine Spaziergänge machen kann. Daher habe ich meinen Fokus daraufgelegt.» Abwechslung ist ihm ebenfalls wichtig, so überlegt er sich immer wieder ein neues Programm, das den Fokus auf unterschiedliche Körperteile richtet. Eine Trainerausbildung hat der 22-Jährige nicht, aber als ehemaliger Unihockey-Spieler ist er mit dem Thema Fitness bestens vertraut: «Während meines Praktikums in Zürich habe ich das ‹Atomix Fitness› kennengelernt. Deren Konzept und Übungen dienen mir ebenfalls als Inspiration.» Er schaut nach jedem Balkontraining, ob «es gegangen ist» und plant das nächste Training dementsprechend. «Natürlich sind wir eingeschränkt, dadurch dass wir es im Stehen machen müssen, aber es gibt genug Möglichkeiten und ich finde immer wieder neue Übungen.» Die gemeinsame Leibesertüchtigung findet bei jedem Wetter statt, bis auf einmal als es gerade einmal 3°C hatte, war Petrus den Sportlern gnädig.
Träume
Schon als 5-Jähriger wusste Jonas Schäfer, dass er später einmal in die Hotellerie gehen möchte: «Wir haben öfters in einem Hotel im Schwarzwald Urlaub gemacht. Als ich wissen wollte, wie man den einen Kuchen backt, durfte ich mit in die Küche. So fing es an.» Bis er 12 Jahre alt war, durfte er in der Küche und im Service helfen, womit sich sein Berufswunsch weiter festigte. Nach der Schule stellte sich die Frage, was er machen will. «Ich wollte noch weiter Unihockey spielen und dachte, in einem Hotel könnte ich auch später noch arbeiten.» Er absolvierte eine KV-Lehre bei «hotelleriesuisse», was ihm interessante Einblicke in die Hotellerie als Gesamtbranche gewährte. Nach der Ausbildung arbeitete er weiter beim Hotelverband und durfte dort Projekte leiten, während er seine Berufsmatura machte. Nach einem Praktikum im Hotel ‹The Dolder Grand› fing er Ende April die Hotelfachschule in Luzern an. Da vorerst nur online unterrichtet wird, bietet der Könizer auch weiterhin sportliche Unterstützung.
Unternehmertum
Dass er motiviert und engagiert ist, beweist der junge Mann auch anderweitig. So gründete er Anfang des Jahres sein eigenes Unternehmen: «Die Projekte bei ‹hotelleriesuisse›, wo ich mich u.a. mit Unternehmenswerten und Jahresmottos beschäftigte plus die Erfahrungen im Bereich ‹Teamwerte›, die ich im Unihockey sammeln konnte, waren für mich ein Antrieb das Programm ‹SINNvolle ZUSAMMENarbeit by Jonas Schäfer› zu entwickeln, um meine Erfahrungen weiterzugeben und so Unternehmen sowie Sportteams weiterzubringen.» Dieses Programm, von dem Jonas Schäfer spricht, soll helfen, die Zusammenarbeit und das Engagement innerhalb von Firmen und Sportteams zu fördern. Vereinfacht gesagt, soll die persönliche Entwicklung und die des gesamten Teams mit einem starken Bezug zum Sinn in der Arbeit gefördert werden.», führt er weiter aus. «Mein oberstes Ziel bei all meinen Tätigkeiten ist es, positive Emotionen entstehen zu lassen.» Er habe sein Unternehmen extra breitgefächert aufgebaut und sei offen für Neues. Einzige Voraussetzung: Es muss zu seiner Vision, «Lasse positive Emotionen entstehen», passen. Das Balkontraining passt jedenfalls dazu: «Bei den Teilnehmenden löst es Glücksgefühle aus, das gibt mir auch etwas zurück.» So zielstrebig wie Jonas Schäfer jetzt schon ist, fällt es nicht schwer zu glauben, dass er sein Ziel, «später einmal eine eigene Hotelkette zu besitzen», erreichen wird.


