Politiker ohne Einsehen

Politiker ohne Einsehen

Abgewiesene Asylsuchende dürfen nicht arbeiten. So steht es im Bundesrecht. Wir haben über zwei Betroffene aus dem Verteilgebiet berichtet, die eine Lehre absolvieren und diese nun abbrechen mussten. Während es für Malerlehrling Tesfom dank eingeschlagenem Rechtsweg eine Lösung gab, bleibt Käserlehrling Ghulam auf der Strecke.

«Ich stand da, hatte viel Arbeit und mein Lehrling durfte nicht mehr arbeiten», schüttelt Lehrmeister Hausi Mäder den Kopf. Längst haben mehrere nationale Medien das Thema aufgegriffen. Der Druck auf die Politik hat sich erhöht und prompt stimmte der Nationalrat einer Motion zu, die verlangt, dass Lernende mit negativem Asylentscheid, ihre bereits begonnene Ausbildung in der Schweiz beenden können. Vor wenigen Tagen sprach sich aber der Ständerat mit 18 zu 24 Stimmen dagegen aus. «Wir stehen in der Pflicht für eine glaubwürdige und konsequente Asylpolitik», sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter.
Für den Kanton Bern, der in den vergangenen Wochen Briefe von Arbeitgeber erhalten hat, gibt es wenig Spielraum. In einer Medienmitteilung schrieb der Regierungsrat deshalb: «Der Kanton hat keinen Handlungsspielraum, er ist an die Vorgabe des Bundes gebunden.» Das ist soweit korrekt. Dennoch hat der Kanton die Praxis nie angezweifelt oder hinterfragt. «Der Regierungsrat hält ausdrücklich fest, dass er Vertrauen hat in die Entscheidepraxis des Staatssekretariats für Migration (SEM) und in das rechtsstaatliche Verfahren», lautet der Schluss dieser Mitteilung. Eine Aussage, die man auch auffassen könne, als wären die Würdeträger ganz froh, die Verantwortung abschieben zu können. Dabei haben der Bundesrat und das SEM einen Türspalt offengelassen: «Falls die heutige Praxis in den Kantonen zu Härtefällen führt und die Kantone dies wünschen, ist das SEM bereit, in Zusammenarbeit mit den Kantonen diese Fälle zu vertiefen. Sollte sich dabei weitergehender Handlungsbedarf zeigen, wäre der Bundesrat bereit, die bisherige Praxis zu überprüfen», lässt er in einer Stellungnahme verlauten. Wer wirklich will, könnte hier einhacken. Für Ghulam und weitere junge Menschen aus dem Verteilgebiet dieser Zeitung kommt vermutlich jede Hilfe zu spät. Die Politiker bleiben mehrheitlich hart. Es gibt nur eine kleine Massnahme, welche die Betroffenen noch nützen können: Härtefälle. Abgewiesene können ein Gesuch stellen, wonach sie maximal sechs Monate länger bleiben können, um ihre Ausbildung zu beenden. Entscheiden muss das SEM und die Kriterien sind, wie nicht anders zu erwarten, nur schwer zu erfüllen. Sie verstehen: ganz im Sinne einer glaubwürdigen Asylpolitik.
Sacha Jacqueroud

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