Realität vermischt sich mit Märchenhaftem

Realität vermischt sich mit Märchenhaftem

Am 23. Januar liest Hannelore Dietrich aus ihrem Buch «Stella und der Mauerläufer» in der Bibliothek Köniz. Die Geschichte eines 12-jährigen Mädchens, das Kräfte entwickeln muss, um den Schwierigkeiten in ihrem Leben zu widerstehen.

Das Wort «Krippe», in die das Jesuskind nach der Geburt gelegt wurde, bedeutet eigentlich Futtertrog und stammt aus dem Mittelhochdeutschen. Nebst der Weihnachtskrippe, deren Geschichte bis beinahe 800 Jahre zurückverfolgt werden kann, kennt man auch die Oster- und die Jahreskrippe. Sie erzählen über die Geburt, das Leben und das Leiden Jesu. Zu Beginn des
17. Jahrhunderts stellten die Krippen in Tirol gewöhnliche Alltagsszenen dar und die eigentlich religiöse Bedeutung ging verloren. Daraufhin verbannte man sie aus den Kirchen und Klöstern, denn die Verehrung von Götzen war verboten, und so hielten sie im Geheimen Einzug in die Bürger- und Bauernhäuser. Erst 1909, als in Brixen der Verein «Krippenfreunde Tirol» gegründet wurde, gewann das «Krippelen» wieder an Bedeutung. Nachweislich war wohl der allererste Verein bereits 1608 im Pitztal aktiv.

Einzigartig
Die diesjährige Ausstellung besticht durch wertvolle Sammlerstücke, Werke der Krippenbau­freunde Diepoldsau-Schmitter und einzigartige kunsthandwerkliche Objekte. Sie alle setzen ihren Schwerpunkt individuell. Evelyne Gasser als Leihgeberin legt viel Wert auf die Details bei den Figuren. So tragen diese Kleidungsstücke aus Stoff oder Wolle oder die Gesichtszüge bestechen durch intensive Natürlichkeit. Im Gegensatz dazu konzentrieren sich die Krippenbauer aus dem nahe an der Grenze zu Österreich gelegenen Diepoldsau vermehrt auf die Landschaften, Gebäude und die darstellende Geschichte, die entweder im Alpenland oder im Orient angesiedelt ist. Frei nach dem Motto: «In jedes Haus eine Krippe!» – schliesslich ist Christus zu uns gekommen – bauen sie verschiedenste Häuser realistisch nach. So wie beispielsweise das Berggasthaus Aescher-Wildkirchli. «Wir führen jedes Jahr Krippenbaukurse durch und sind im Sommer 2019 bereits wieder ausgebucht», erklärt Ernst Eugster, seines Zeichens Krippenbaumeister, begeistert. «Seit 2006 sind so 283 wunderbare Unikate entstanden.» Sein Werk, das die ganze Weihnachtsgeschichte von der Suche nach einer Herberge, über die Geburt Christi, bis zur Flucht nach Ägypten und dem Besuch der heiligen 3 Könige erzählt, darf mit angemessener Andacht bestaunt werden.

Manigfaltige Ausführungen
«Die Geschichte ist für fantasiebegabte Kinder ab 10 Jahren», so die 73-jährige Autorin. Sie freut sich über jedes Kind, bei dem die Einbildungskraft geweckt wird. Die Protagonistin Stella muss ganz viele Schwierigkeiten aushalten. Dabei gibt ihr die Fantasie Kraft und Trost. Neben Themen wie einer «verrückten» Mutter, Umzug und Mobbing in der neuen Schule erlebt die 12-jährige Stella auch Liebe durch die Grosseltern und die Freundschaft mit einem Jungen. Und immer wieder gibt ihr der Mauerläufer Kraft. «Mauern sind symbol­trächtig und das Thema zieht sich durch die Geschichte», erklärt die Schriftstellerin. «Mauern gibt es in der Realität und im Kopf, aber sie lassen sich oft überspringen.»

Ein Bild als Auslöser
Begonnen habe alles 2008, als sie das Bild der Künstlerin Brigitte Wanzenried sah. «Dieses Bild hat mich fasziniert und inspiriert. Ich stellte danach viele Überlegungen an. Damals war ich zu Besuch in Berlin und beschäftigte mich mit der Berliner Mauer.» Die Geschichte der Stella und des Mauerläufers habe sich mit dem Schreiben langsam immer weiterentwickelt. «Mein Plot war zu eng gefasst, ich musste ihn mehrfach erweitern.» Der Plot ist das Handlungsgerüst.

Auch in ihrem ersten Roman «Vom Himmel gefallen» verschmelzen magische Elemente mit der Realität. Hannelore Dietrich mag Geschichten, bei denen Reales mit Magischem und Märchenhaftem vermischt wird, wie beispielsweise bei Alice im Wunderland oder bei Harry Potter.

«Ich gehöre nicht zu den Autorinnen, die immer schon schreiben wollten», betont Hannelore Dietrich. Dazu sei ihr Respekt vor Büchern und Schriftstellerinnen zu gross gewesen. Sie betrachtet es daher eher als ein Wunder, dass sie 2002 mit dem Schreiben begonnen habe. Damals habe sie bemerkt, dass sie mit wenigen Worten in einem Gedicht ihre Gedanken und Gefühle besser ausdrücken konnte als mit noch so vielen Wörtern. Es entstand ihr erstes Buch «Der Satz ins Weiter».

Kein einfacher Beginn
Hannelore Dietrich kam 1987 mit ihrem Mann und den 3 Kindern in die Schweiz. Ihr Mann wurde als Hochschullehrer für Altes Testament an die Universität Bern berufen. Sie selber hat Religionslehre und Deutsch in Münster studiert und unterrichtete an verschiedenen Schulen in Deutschland. «Es war hier zu Beginn aus verschiedenen Gründen nicht einfach», gesteht sie freimütig. Sie war anfänglich als Katechetin tätig, gab es dann aber auf. «Es hat hauptsächlich an der Sprache gelegen», ist sie überzeugt.

Ab 1989 unterrichtete sie Deutsch an der Migros-Klubschule in Bern. «Dort habe ich mich wohlgefühlt. Es waren ja alles Migranten und Migrantinnen, und ich gehörte dazu», erinnert sie sich augenzwinkernd. Bald nahm sie zusammen mit ihrem Mann an einem Berndeutsch-Kurs teil. Heute versteht die 3-fache Mutter und 5-fache Grossmutter die Schweizer Dialekte gut, und trotzdem gäbe es Feinheiten, die sie nicht immer mitbekomme. Seit 24 Jahren wohnt die Familie in Wabern, wo sie sich aufgehoben fühle. «Ich habe in der Schweiz mit 42 Jahren ein neues Leben angefangen.» Immerhin habe sie hier mit dem Schreiben begonnen. Des Weitern gibt sie Schreibkurse im Kollegium 60+, einer ehrenamtlich tätigen Vereinigung. «So gebe ich der Gesellschaft etwas zurück.» Bei all ihren Tätigkeiten habe sie viele Menschen kennengelernt, die sie unterstützt hätten. «Ja, ich war noch nirgends so zu Hause wie hier.»

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«Realität vermischt sich mit Märchenhaftem»

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