Schnelle Boliden und viel Begeisterung am Berg

Schnelle Boliden und viel Begeisterung am Berg

Mitte September heisst es zwischen Rüti b. Riggisberg und Gurnigelbad wieder «Piste frei!» Auch die jüngste Ausführung des 1910 erstmals durchgeführten Rennens begeistert mit einer kraftvollen Symbiose von Menschen und Motoren.

Bis sich die Startflagge am 10. und 11. September senkt, steht das Organisationskomitee unter Hochspannung. «Der Restart nach zwei rennenlosen Jahren erfolgt um einige Stufen tiefer als 2019», hält Vereinspräsident Kurt Ruchti fest. Trotzdem zeigt sich das OK vorsichtig optimistisch.

Eine lange Geschichte
Obwohl im E-Mobilzeitalter Autorennen mit Verbrennungsmotoren aus der Zeit gefallen scheinen, üben sie doch eine ungebrochene Faszination aus. Diese wird auch vom weiblichen Geschlecht geteilt, nahmen und nehmen doch immer auch ein paar schnelle Fahrerinnen am Rennen teil. «Schnell» hiess damals maximal 64km/h; heute sind die Schnellsten mit rund 135km/h unterwegs und schaffen die 3,734 Kilometer in weniger als zwei Minuten. Zwischen Dürrbach und dem damaligen Luxushotel Gurnigelbad fand 1910 ein erster «Geschwindigkeitswettbewerb» statt. Bis 1930 folgten vier weitere Rennen. Nach der Einführung des Autoverlads am Lötschberg wurde eine Alternative zum Rennen Mitholz–Kandersteg gesucht und in der kurz zuvor asphaltierten Gurnigelstrasse gefunden. 1970 fand das erste Nationale Bergrennen am Gurnigel statt. Im Jubiläumsjahr 2010 konnten ein Zuschauer- und ein neuer Streckenrekord verbucht werden.

Traditionsanlass in Neuauflage
Die coronabedingte Zäsur hat auch Auswirkungen auf den Rennbetrieb. «Trotz der zwei Leerjahre fielen Kosten für die periodische Materialprüfung von Sitzen, Kombis und Helmen an. Da entstand ein gewisser Unmut», bilanziert Kurt Ruchti. «Es fällt nicht allen leicht, gleich wieder auf Hochtouren zu kommen.» So sieht sich der neue OK-Chef verschiedenen Unsicherheitsfaktoren gegenüber. Zudem schleppt das OK finanziellen Ballast mit sich. Man sei froh für den Goodwill aus der Bevölkerung und seitens der Gemeindebehörden, sagt Ruchti. Die Standortgemeinde hat dem Verein ein mehrjähriges Darlehen gewährt, das den Verantwortlichen etwas Luft verschafft.Für die «Piloten» selbst ergibt sich ein neues Problem: Ersatzteile und Pneus sind wegen unterbrochener Lieferketten kaum oder nur schwer lieferbar. «Viele wollen mit absolut neuen Pneus starten», so Ruchti. Trotzdem ist er guten Mutes, den Start am Samstagmorgen um
7 Uhr zu realisieren. «Wir sind voll dran und geben unser Bestes», sagt Ruchti mit Blick auf das teilweise neu aufgestellte OK. Frische Kräfte sollen dem altehrwürdigen Traditionsanlass zu neuem Schwung verhelfen. Ruchti, seit 20 Jahren an der Gurnigelstrasse wohnhaft, ist seit 15 Jahren im OK und seit 2021 Präsident von OK und Verein. Er betreibt einen Landwirtschaftsbetrieb auf dem Laas, mit Land im Bereich des Zuschauerraums. «Ich fühlte mich anfänglich etwas ‹eingesperrt›», schaut Ruchti zurück. So entschloss er sich, mitzugestalten und damit «mittendrin statt nur dabei» zu sein.

Vorerst ohne «Elektrische»
Und der Vorwurf, ein Bergrennen sei nicht «grün» (genug)? «Ich kann das nachvollziehen, verstehe das Argument aber nicht. Autos sind ein Bestandteil unserer Kultur und sind gerade in Randgebieten unentbehrlich», sagt Ruchti. Und: «Wir sollten realistisch bleiben. Für viele Automobilisten ist jeder Tag ein Renntag. Sie reisen teils von weither an, um diese Bergstrecke zu befahren. An einem ‹normalen› Wochenende sind weit mehr Autos am Gurnigel unterwegs als während der beiden Renntage.» Also keine elektrisch betriebenen Boliden am Berg? «Das funktioniert im Alltag», sagt Ruchti. «Im Rennbetrieb kann ein Unfall mit einem Elektroauto lebensgefährlich sein. Eine offizielle Zulassung für Elektroautos am Berg fehlt bisher; zudem wäre der Aufwand zu gross, sich neben dem finanziellen und dem Wetterrisiko mit zusätzlichen Risiken auseinanderzusetzen.

Das OK hat die Herausforderung angenommen und will sich mit einer Restrukturierung fit für die Zukunft machen. «Wir brauchen mehr Leute, um alles zu bewältigen», sagt Ruchti. Aktuell engagieren sich rund 250 Ehrenamtliche. Und: «Wir wollen den Bezug zur Region stärken. Klein und fein, so soll unser Bergrennen daherkommen.» Und damit neben Goodwill auch mehr Unterstützung von Gewerbebetrieben und Einzelpersonen aus der näheren und weiteren Umgebung generieren. Fürs Rennen 2022 wird mit 5200 zahlenden Gästen gerechnet. Im Vorverkauf sind Tages- und Kombikarten mit einem Rabatt erhältlich.
Auch wenn einige solche Motorrennen nicht schätzen: Der Anlass ist nach zwei Tagen vorbei, das Naherholungsgebiet Gantrisch bleibt.

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