Sich zu entscheiden, was Mensch nach der Schule oder dem Gymnasium machen will, ist oftmals ein langwieriger und schwieriger Prozess. Auch Nina Barth stand irgendwann vor dieser Entscheidung. Klar ist, dass es etwas ganz anderes sein sollte und so meldete sie sich zum Militärdienst.
Die Bernerin – bis vor kurzem wohnte sie noch in Wabern – ist mittlerweile eine sogenannte Moderatorin, dass heisst, sie informiert Interessentinnen an den Orientierungstagen, die von der Armee mindestens einmal pro Jahr exklusiv nur für Frauen veranstaltet werden. Die Bandbreite der Anwesenden sei jeweils riesig. So kommt es, dass eine den klaren Wunsch äussert, Militärpilotin zu werden. Oder eine Interessentin will in die Fussstapfen des Vaters oder des Grossvaters treten und es geht hin bis zum Wunsch, einfach mal etwas ganz anderes zu machen, auszubrechen und in ein anderes System einzutreten. Barth sagt hierzu noch: «Der Orientierungstag schadet und kostet dich nichts. Und vielleicht ist es ja interessant, einfach mal zu schauen, was es alles für Möglichkeiten und Ausbildungen gibt?»
Von Anfang an
Doch nochmals von vorne. «Als ich ankam, wurde ich direkt bei den Sanitätstruppen eingeteilt. Ich war völlig unvorbereitet und hab da auch nicht viel dazu gesagt. Im Nachhinein denke ich, die haben mich genau richtig eingeteilt», erzählt Nina Barth. 18 Wochen Rekrutenschule zusammen mit ca. 30 anderen. Klar, kommt da eine bunt gemischte und zusammengewürfelte Gruppe zusammen. Nicht immer ist man sich sympathisch und man hätte wohl auch sonst nichts miteinander zu tun und würde nicht 18 Wochen lang intensiv miteinander arbeiten und funktionieren. Aber genau das sei das Spannende, denn was man in dieser Zeit über andere Menschen und vor allem über sich selbst lernt, sei enorm.
Zu den wichtigsten Dingen, die Oberleutnant Barth den Interessentinnen bei den Orientierungstagen mitgibt, gehört das Bewusstsein, dass die Frage, weshalb man als Frau ins Militär gehen will, immer wieder kommt. Und Frau sich hierfür eine Antwort überlegt, die stimmig ist und hinter der sie stehen kann.
Die eigenen Stärken kennenlernen
Sie wächst während der RS und auch in der direkt angeschlossenen Unteroffiziersschule immer mehr in ihre Rolle hinein und merkt, wie sich nicht nur ihre Persönlichkeit entwickelt, sondern auch ihr Wissen und die Verbundenheit mit dem Militär immer mehr wächst. In ihrer Zeit als Wachtmeister- und Zugführerin lernt sie auch sich selbst immer besser kennen.
«Plötzlich habe ich bemerkt: Hey, ich stehe mega gerne vor Menschen und gebe gerne mein Wissen weiter – und mache das auch nicht schlecht. Leider jedoch ist es als Frau immer noch mehr ‹ein sich beweisen müssen›. Ich wünsche mir sehr, dass Frauen in der Armee nicht von Anfang an das Gefühl haben, sie müssen viel mehr leisten oder sich viel mehr beweisen, sondern dass es wirklich in eine Gleichstellung geht und Frauen wie Männer gleichwertig akzeptiert und in ihrem Sein respektiert werden», erzählt Nina Barth.
Ein Wunsch für die Zukunft
Die Ängste und Fragen von interessierten Frauen seien oftmals, ob sie denn körperlich eine solche Leistung erbringen können, ja, was sie überhaupt können und in einem Militärdienst leisten müssen. Diese Fragen, aber auch solche bezüglich Sexismus in der Armee, seien schlussendlich Gesellschaftsfragen. Solange Frauen nicht ohne Vorurteile in der Armee akzeptiert würden, brauche es Überwindung, sich als solche in so etwas hineinzubegeben. Es brauche Mut und man müsse sich als Frau einen Weg erarbeiten, um auf Dinge zu reagieren. Ein Weg, der für sich persönlich funktioniert. «Einem Menschen kann ich meine Grenzen klar sagen und dann wird das normalerweise auch respektiert. Die Frage ist ja immer: Wo ist meine persönliche Grenze? Was kann und will ich einstecken und an welchem Punkt ist fertig? Die Armee soll für Frauen ein genauso sicherer Ort sein wie für Männer. Ein Ort, an dem sie nicht Angst haben müssen. Denn du kannst viel mehr, als du dir zutraust. Und du darfst mutig sein.»
Utopie?
Zum Schluss stellt sich die Frage: Was wäre, wenn wir alle einen Dienst an der Gesellschaft leisten müssten? Sei es nun als Zivildienstleistende oder eben im Militär? Könnten Zivildiensttage für alle, angerechnet als Praktika, vielleicht sogar zu einer Chancengleichheit beitragen und dem Fachkräftemangel ein kleines bisschen entgegenwirken?