«Weltklasse für die breite Masse»

«Weltklasse für die breite Masse»

«Thömus» ist nicht nur hier in der Region ein Begriff. Seit 2 Jahren arbeitet das Velounternehmen nun mit Ralph Näf und seinem Team zusammen. Entstanden ist das «Thömus RN Swiss Bike Team». In diesem Jahr gewann dieses gleich zweimal Silber an den Weltmeisterschaften in Leogang (A). Die Medaillengewinner Kathrin Stirnemann und Mathias Flückiger sind nicht nur Spitzensportler, sondern auch an der Entwicklung der Fahrräder beteiligt.

Ein Velo hat einen Lebenszyklus von ungefähr 3 Jahren. In dieser Zeit ist es aktuell und es gibt nur kleinere Weiterentwicklungen sowie Anpassungen, bevor eine Neuentwicklung ansteht. Franz Höchtl, Produktmanager, ist gemeinsam mit einem Team aus Industriedesigner, 2 Maschinenbauingenieuren und einem Elek­troingenieur für die gesamte Velopalette bei «Thömus» zuständig. Das bedeutet: «Wir führen Gespräche mit Lieferanten, was es bei ihnen Neues gibt, beobachten den Markt sammeln, nehmen Eindrücke von Kunden und Rennfahrern, wie ein Rad aussehen sollte… Wir saugen jeden Tag Informationen auf, bewerten diese und lassen sie dann gemeinsam mit unseren Ideen in Projekte einfliessen.»

Alle Informationen werden zu Konzepten verarbeitet, danach kommt die Verkaufsseite ins Spiel. «Es wird festgestellt, in welchen Segmenten wir stark sind, was die Kunden suchen oder erwarten, und wo wir wirtschaftliche Erfolge erwarten», erläutert Höchtl weiter. Die Anforderungen, die an ein bestimmtes Modell gestellt werden, fliessen ebenso in das Konzept ein wie die Beobachtungen aus der Branche. «Wir versuchen gute Lösungen mit eigenen Ideen noch weiter zu verbessern.»

Die Dauer der Entwicklung sei unterschiedlich. Vor allem wenn es sich um komplexere Typen handelt. Wie zum Beispiel ein E-Bike. Dort geht es nicht nur um die Mechanik, es gibt auch noch die elektronische Komponente. Der Antrieb wird mitentwickelt, ein eigener Motor und eine Batterie kommen dazu. Da sei man länger beschäftigt, es kann bis zu 3 Jahre dauern, bis das Rad auf dem Markt ist. In Rekordzeit war das Team dagegen mit dem Endurobike fertig: «Das hat von der ersten Idee bis zur Auslieferung nur 14 Monate gedauert. Aber da muss schon alles passen.»

Kein Unterschied
Das Konzept von «Thömus» beinhaltet, dass es keine Stangenware gibt. Jedes Rad wird für den Kunden individuell nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zusammengebaut. Hier profitiert die Kundschaft von den Erfahrungen aus dem Rennsport. «Die Fahrer haben sehr spezielle Ansprüche. Es geht vor allem um Effizienz, damit man gewinnt. Das ist bei einem Freizeitfahrer meist anders. Diesem ist meist Komfort wichtiger. Aber wir versuchen Sachen, die im Sport gut sind und unseren Kunden Vorteile bringen, der Kundschaft zugänglich zu machen. Wir wollen beide Welten unter einen Hut bringen», so der 38-Jährige. «Es sind natürlich 2 Sichtweisen auf ein Bike und nicht für jeden ist die gleiche Lösung die richtige. Das Material kann bei uns 1:1 gekauft werden, das heisst, wir machen keinen Unterschied. Das Carbon, jede Faser usw. ist genau das, womit unsere Sportler weltweit unterwegs sind.»

Langjährige Erfahrung
Sein Fachwissen ist enorm, der gebürtige Bayer arbeitet nicht nur seit 6 Jahren in Oberried, zuvor studierte er in München Maschinenbau. An der Technischen Universität gibt es das Fachgebiet «Sportgeräte-Materialien» und ein Radlabor, das Höchtl jahrelang leitete, sowie ein wissenschaftliches Projekt, das von der Bayrischen Forschungsstiftung finanziert wurde. «Ich war schon immer auf Fahrräder fokussiert, dass ich durch einen Freund hierher zu ‹Thömus› gekommen bin, war ein Glücksfall.» Gemeinsam mit Industriedesigner Magnus Almgren bildete er anfangs ein «kleines, aber feines» Zweierteam. Thomas Binggeli, alias «Thömu», lieferte die Visionen und die Ideen, wohin die Reise der Marke gehen sollte. So sei man über die Jahre gewachsen und inzwischen gibt es unter den Mitarbeitern einige, die für die Produkte arbeiten und die Entwicklung vorantreiben.

Technik-Fan
Dazu gehören aber auch die Sportlerinnen und Sportler. Allen voran Mathias Flückiger, dessen Mitarbeit Franz Höchtl lobend erwähnt: «Er kniet sich da richtig rein. Mathias interessiert sich für alles, was mit der Technik zu tun hat und liefert uns immer wieder viele, wertvolle Inputs. Sein Know-how ist beeindruckend.» Einmal im Jahr trifft man sich mit allen zu einer grossen Feedbacksitzung. Dabei «machen wir einen Rundumschlag», das heisst, es wird versucht, strukturiert Inputs aufzunehmen, Verbesserungsvorschläge und Neuerungen werden diskutiert. Aber auch die restliche Zeit über bleibt man in Kontakt. Etwas, das Flückiger zu schätzen weiss: «Wir arbeiten eng zusammen. Die Wege sind kurz – nicht nur örtlich gesehen. Durch das kleine Unternehmen reden nicht so viel Leute mit, wie das bei einem grossen Konzern der Fall ist. Daher geht alles schnell und effizient.» Der Mountainbiker, der in diesem Jahr an der WM in Österreich Silber und an der EM im Tessin Bronze gewann, arbeitete schon vorher mit einem Sponsor an der Entwicklung von Rädern mit. Dadurch habe er einen hohen Anspruch an Qualität, wie der 32-Jährige betont. Aber die «Thömus»-Mitarbeiter seien bereit gewesen, ihre Komfortzone zu verlassen, wenn er gewisse Sachen verbessern wollte.

Neues Mountainbike
Die Zusammenarbeit begann 2018 in einem Winter mit vielen Sitzungen und Tests, da man das gemeinsame Ziel hatte, das «beste Bike zu entwickeln, auch für mich als Fahrer». Der Endverbraucher habe zwar nicht so hohe Ansprüche wie ein Spitzensportler, doch alles, was man entwickle, komme auch diesem zugute. Parallelen im Transfer vom Athlet zu den Mechanikern wie bei der Formel 1. Da viele Meinungen mit einfliessen, verbrachte man ebenso viel Zeit damit, Entscheidungen zu treffen. «Fahrgefühl ist das eine, aber Geometrie und Kinematik sind das andere», sagt Flückiger. In diesem Jahr kam dann der «Lightrider Worldcup» auf den Markt. «Ein gewisser Stolz ist vorhanden. Denn bei allem, was wir tun, haben wir uns etwas überlegt. Es ist nicht meine Rolle gewesen, aber man hat mir zugehört. Die Offenheit vom Team ist toll», schwärmt der Berner Sportler. Franz Höchtl ergänzt: «Mathias verfolgt genau, was in der Branche passiert. So können wir gemeinsam abwägen, welche technischen Neuerungen im Rennsport Sinn machen und was wir übertragen. Wo muss man Kompromisse machen oder nach Lösungen suchen. Wir folgen nicht jedem Trend, sondern nehmen nur das auf, wo wir Potential und Zukunft sehen.»

E-Bike
Apropos Zukunft: Kathrin Stirnemann beendete ihre Mountainbike-Karriere vor kurzem und konzentriert sich stattdessen auf den E-Bike-Sport. «Die Sportart steht noch am Anfang. Der Weltverband möchte das E-Bike-Format noch attraktiver machen. Es reizt mich, bei der Entwicklung dabei sein zu können», meint die 31-Jährige. Sie wird weiter mit «Thömus» zusammenarbeiten und als E-Bike-Botschafterin fungieren. «Es ist in der Planung, dass ich neues Material teste, Rückmeldungen gebe und so an der Entwicklung von neuen Velos beteiligt bin. Das ist cool», freut sich die Vize-Weltmeisterin, deren Wettkämpfe voraussichtlich im März wieder starten werden. Wer übrigens glaubt, dass E-Bike-Fahren einfacher sei, täuscht sich: «Man braucht gute technische Grundfertigkeiten. Man muss lernen mit dem Elektroantrieb umzugehen und die Pedalkraft richtig einzusetzen. Sonst dreht das Rad auf weichem oder losem Untergrund durch. Auch für die Abfahrt muss man kräftiger sein, um das Velo zu kontrollieren.» Wir «Otto-Normal-Fahrer» können uns also schon darauf freuen, dass wir in ferner Zukunft weitere Räder von «Thömus» testen können, in denen das Know-how von Spitzensportlern steckt.

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