Wenn das Kleine nicht mehr genügt

Wenn das Kleine nicht mehr genügt

Kampf dem Untergang: Täglich versuchen Martin Streit und Ferrucio Montesi die Schliessung ihrer Bäckerei zu verhindern. Hinter den beiden stehen zwar zahlreiche Kundinnen und Kunden. Doch ob deren Unterstützung ausreicht, ist momentan nicht klar abzuschätzen.

Mittlerweile arbeiten die Herzblut-Bäcker zwölf Stunden am Tag, weil die Schliessung einem Schreckensszenario gleichkäme.  Doch warum nehmen sie solche Strapazen auf sich, gerade vor dem Hintergrund eines Arbeitsmarktes, der viele attraktive Stellen bieten würde? «Martin ist mein Lebenspartner und arbeitet seit 25 Jahren als Confiseur, ich mache es auch für ihn», sagt Montesi, der vorher im Robotik-Bereich arbeitete. Zudem reizt ihn die Aufgabe, im Kampf mit grossen Bäckerei- und Confiserie-Ketten bestehen zu können.

Hinter der Bäckerei stehen

Kunden wie Ernst Geissbühler oder Peter Hofstetter zeigen sich mit diesem Bestreben solidarisch: «Für mich ist der «Bibere-Beck» einer der besten Hersteller in der Region», sagt dazu etwa Geissbühler. Der langjährige Kunde Hofstetter ergänzt: «Das Brot hier wird noch in Handarbeit gebacken und ist daher einzigartig im Geschmack.» Dieser kommt unter anderem durch das von Streit angewandte «Knebeln» zustande, ein Verfahren, bei dem der Sauerteig über Nacht gärt, was die Qualität des Brotes steigert. Der Bäcker und Confiseur ergänzt das Sortiment zudem mit selbstgemachten Pralinés sowie Nidle- oder Früchtekuchen. Abgerundet wird das Sortiment im Sinn eines Dorfladens beispielsweise mit Milchprodukten, Teigwaren oder Fleischwaren. «Zusätzlich liessen wir unsere Kundschaft wissen, dass es ohne ihre Unterstützung nicht geht», so der Bibere-Frontmann. Auch Bäckerei-Fan Geissbühler hofft auf mehr Solidarität: «Eine bewusster einkaufende Kundschaft, die das lokale Gewerbe unterstützt wäre wünschenswert.» Wer sich für einen Einkauf vor Ort entscheidet, kann sich zudem an einem der Bistrotische einen Kaffee gönnen. Auch dies ein Versuch, mehr zahlende Kunden zu gewinnen und die Verweildauer derselben im Geschäft zu erhöhen. Zudem konnten Streit und Montesi so Produkte aus dem Dorfladen-Sortiment entfernen, die immer öfter unverkauft in den Abfall wanderten. 

Schwieriges Umfeld

Wie der Besucherstrom am Samstagmorgen zeigt, kämpfen die beiden Überzeugungstäter nicht alleine für ihre Vision von Arbeit. Doch auch diese Solidarität reicht eventuell nicht aus, um eine Schliessung zu verhindern. Denn Privatpersonen, Restaurants und auch Vereine decken sich mittlerweile über oft preiswertere Kanäle ein. Im Fall der Restaurants bedeutet das für den Bibere-Confiseur, dass er seine kleinen, aber hochwertigen Kollektionen nicht mehr absetzen kann, was einen ganzen «Rattenschwanz» nach sich ziehe. Zum Preisargument kommt der Umstand hinzu, dass Detailhändler mittlerweile fast alle Produkte, welche in Kleinbäckereien erhältlich sind, ebenfalls anbieten, wenn auch nicht unbedingt in genau gleich guter Qualität. So ist es nur logisch, dass Geld für Investitionen, wie etwa ein neues Kühlgerät, fehlt. Und so verursacht das noch in Betrieb stehende Gerät pro Jahr Stromkosten in der Höhe von rund 6000 Franken. Zugegeben, die Umstände beim Bibere-Beck sind besorgniserregend, doch bei weitem kein Einzelfall, wie Streit betont: «Allein im letzten Jahr schlossen in der ganzen Schweiz 600 Bäckereien und Kleingeschäfte.» 

Den Kopf frei bekommen

Es spricht also so einiges gegen den Fortbestand des «Bibere-Beck», doch dessen Betreiber sind nach wie vor motiviert: «Wir haben täglich ein leeres Brotregal, was eindeutig für unseren Erfolg spricht.» Damit ihr Monsterpensum für die beiden Schwerarbeiter stemmbar ist und sie dabei bei guter Gesundheit bleiben, hat das Geschäft seit März regelmässig sonntags und montags geschlossen. Dann zieht es die zwei Männer jeweils an die Puces und Brocantes im Land. «So können wir den Kopf lüften und kommen gleichzeitig an andere Orte», sagen die Antiquitäten-Fans. Mit den ergatterten Trouvaillen schmückt Streit regelmässig das Ladenlokal. Der «Bibere-Beck» wird damit zwar nicht zum Museum, ein Besuch vor Ort ist aber sicher ähnlich interessant.

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