Wenn unsere Festplatte umprogrammiert wird

Wenn unsere Festplatte umprogrammiert wird

Dass Hypnose nützen kann, ist wissenschaftlich längst belegt und wird immer häufiger auch in der Medizin eingesetzt – etwa während Operationen, anstelle von Schlafmitteln oder zur Behandlung von Ängsten. Dennoch gibt es immer noch viele Vorurteile und Skepsis. Ein Hypnosetherapeut gibt Einblick in seine Arbeit in der Welt des Unterbewussten.

«Mich interessiert nicht, was die Leute sagen, sondern was sie nicht sagen», steigt Hans Reichenbach, diplomierter Hypnosetherapeut durch den und Mitglied beim Schweizerischen Berufsverband für Hypnosetherapie (SBVH), gleich ins Gespräch ein. Mit seiner ruhigen Art und seinem ausgeprägten Menschengespür kann er seine Mitmenschen schnell lesen; ein Grund, wieso er sich für den Beruf des Hypnosetherapeut entschieden hat. Doch sei das Hypnotisieren, also das Abtauchen ins Unterbewusste, keine Gabe, die man hat oder nicht. Denn theoretisch könne es jeder Mensch lernen, genau so, wie es auch jeder Mensch als Therapieform nutzen kann. Vorausgesetzt, er lässt sich darauf ein. Denn eine solche Therapie brauche Vertrauen und den Willen dazu. Ob man dabei an Hypnose glaube oder nicht, sei Nebensache, weiss Reichenbach.

Die menschliche Festplatte

Es sei etwas kompliziert, meint Reichenbach und legt sogleich eine Darstellung eines Menschen, der in drei Bereiche eingeteilt ist, auf den Tisch in seiner Praxis. Das Bewusste, das Unbewusste und das Unterbewusste. Drei Punkte, die unser Handeln und Denken prägen. Das Bewusstsein, also das Wissen durch Umwelt, Alltag, Schule und Gesellschaft – all das, was wir bewusst wahrnehmen – macht lediglich 5 % aus. Dazu zählen auch das Unbewusste, etwa unser Körper, der automatisch funktioniert, beispielsweise die Atmung oder der Herzschlag, und das Immunsystem. Die restlichen 95 % unserer Wahrnehmung sind im Unterbewusstsein gespeichert. «Dies macht uns zu dem, was wir sind, und setzt sich aus allen Emotionen und Gewohnheiten zusammen, die wir je erlebt haben. Das Unterbewusstsein ist unser Langzeitgedächtnis, unsere Festplatte», fasst der Tafersner zusammen. «Und diese kann man löschen oder umprogrammieren, also mit anderen Dingen füllen. Damit das gelingt, muss man aber vom Bewussten ins Unterbewusste einer Person gelangen. Da kommt die Hypnose ins Spiel.»

Natürlicher Schutz

Hypnose sei wie eine geführte Meditation, nur viel tiefer. «Hypnotisierte Personen fühlen zwar voll und ganz im Unterbewussten, schlafen aber nicht, sind im Kopf hellwach, können fragen und antworten und wissen danach noch alles», erklärt Reichenbach. Nebenwirkungen könne es keine geben, jederzeit sei es möglich, aus der Hypnose auszutreten oder sie zu unterbrechen. Somit sei man geschützt vor Manipulation und Missbrauch. Der Grund, wieso viele Menschen der Hypnosetherapie kritisch gegenüberstehen, weiss Reichenbach. So sei Showhypnose zwar meist echt. Da sie jedoch nie gegen den Willen einer Person geschehen kann, sei immer nur so viel möglich, wie die hypnotisierte Person bereit ist, mitzumachen.

Zurück in die Kindheit

In der Hypnosetherapie gelte es erst einmal, die Schlüsselmomente zu finden. Was war der Auslöser für die Migräne, die Angst vor Spinnen, das Asthma, die Depression, die Alkoholsucht oder die Katzenallergie? Hat man dieses Ereignis im Unterbewussten gefunden, kann man die Festplatte für diesen Zeitpunkt umprogrammieren. Denn jede Krankheit und jedes physische und psychische Problem sei ursprünglich mit Worten oder Gefühlen entstanden, nie mit Schmerz, meint Reichenbach. Meist führt die Suche nach dem Auslöser lange zurück: in die Kindheit oder sogar in die pränatale Phase. «Schon im Bauch nimmt das Baby Gefühle der Mutter wahr und wird geprägt.» 40 % der Klientinnen und Klienten haben während der Hypnose jedes Detail ihrer Kindheit vor Augen, können sich beispielsweise an jedes Wort der Mutter erinnern, da dies im Unterbewusstsein abgespeichert ist. Die restlichen sehen eine Farbe oder nehmen ein bestimmtes Gefühl wahr. 

Ohne kritisch zu hinterfragen

Die Probleme des Unterbewusstseins: Erstens kann es nicht unterscheiden, ob eine Wahrnehmung echt ist oder nicht. «Hat jemand panische Angst vor Spinnen, ist diese oft irrational. Doch schon nur beim Gedanken daran, wird diese Person in Panik geraten, weil ihr Unterbewusstsein diese Angst nicht richtig einordnen kann», weiss der Hypnosetherapeut Und was im Unterbewusstsein gespeichert ist, wird vom Bewusstsein nicht kritisch hinterfragt. «Man schenkt diesem Gefühl Glauben, da das Bewusstsein, das es normalerweise kritisch hinterfragen würde, ausgeschaltet ist.» Zweitens macht das Unterbewusstsein Querverlinkungen mit teilweise unabhängigen Ereignissen, was zu Missverständnissen führen kann. «Bei einer Allergie, etwa einer Katzenallergie, ist meist nicht die Katze das Problem, sondern eine falsche Verlinkung des Unterbewussten», so Reichenbach. Es könne beispielsweise sein, dass ein Kind Velo fährt, hinfällt, dadurch erschreckt und die Luft anhält und im gleichen Moment irgendwo eine Katze – bewusst oder unbewusst – wahrnehme. Später entwickle es plötzlich eine Katzenallergie, da der Atem mit der Katze verbunden sei. «In der Hypnose ist das Ziel dann, zu diesem Moment zurückzugehen und diese Verknüpfung zu lösen. Etwa dadurch, dass die Person als Kind weich oder gar nicht fällt und somit nicht erschrickt», erklärt Reichenbach. Die Verlinkung werde im Unterbewusstsein umprogrammiert, als hätte dieses Ereignis so nie stattgefunden.

Eine bis ein paar Sitzungen

Lässt sich die Person voll und ganz darauf ein, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass sie aus der Hypnose aufwacht und kein Asthma, keine Schmerzen oder keine Allergie mehr hat. Knapp die Hälfte seiner Klientinnen und Klienten komme mit einem Problem und gehe nach einer Sitzung ohne dieses nach Hause, schätzt Reichenbach. Gelinge es jemandem nicht auf Anhieb, sich darauf einzulassen, könne sich die Behandlung aber durchaus auch über mehrere Sitzungen erstrecken. Eine effiziente und zugleich effektive Methode. Die immer noch mit vielen Vorurteilen und Ängsten verbunden ist. Doch Reichenbach betont: «Das Unterbewusstsein will das Beste für uns und hat dadurch eine natürliche Schutzfunktion.»

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