Wer gibt, dem wird genommen

Wer gibt, dem wird genommen

Albligen: Die Sonnenterrasse Schwarzenburgs bangt um ihre Zukunft. Im Sommer soll der Dorfladen schliessen und der Pächter des Gasthauses Bären die Schürze an den Nagel hängen. Die Dorfburgergemeinde sucht Nachfolger. Doch die Energie der letzten Kämpfer aus Albligen schwindet so schnell wie die Einwohnerzahl – auch weil sie sich aus Schwarzenburg mehr Hilfe erhofft haben.

Eingeschlagene Fensterscheiben, eingestürzte Dächer, verlassene Gassen und eine beängstigende Stille. Geisterorte, wie sie es in abgelegenen Tälern im Tessin bereits gibt, sind hierzulande unvorstellbar. In Albligen aber mehren sich die Vorboten eines langsamen Aussterbens. Die Kinder gehen nach Tännlenen in die Schule und das Zentrum beschränkt sich auf eine Kirche, einen Spielplatz, Fussballplatz, Gasthof mit einem baufälligen Saal sowie ein Dorflädeli. Seit wenigen Wochen weiss Ruedi Hirschi, Präsident der Dorfburgergemeinde: Selbst der Gasthof und das Dorflädeli schliessen ihre Türen, wenn sich nicht bald jemand findet, der mithilft, dieses Zentrum am Leben zu erhalten.

Eine Last?
Dabei sah es lange Zeit gut aus. Durch die Fusion mit Schwarzenburg versprach man sich Verbesserungen. Personen für Ämter konnten in Albligen kaum gefunden werden und der Hauptort konnte hier unter die Arme greifen. Da Albligen über Immobilien und Bauland verfügt, welche die Gemeinde gewinnbringend verkaufen kann, erhoffte man sich im Gegenzug Schützenhilfe, damit wenigstens der Saal im Gasthof Bären so hergerichtet werden kann, dass eine Begegnungszone für Vereine, Bürgerinnen und Bürger vorhanden ist. Mit dem Verkauf des Pfarrhauses sicherte sich Albligen 400’000 Franken, weitere 400’000 Franken sollten im Gegenzug zum Verkauf des Schulhauses von Schwarzenburg kommen. Mit Betonung auf «sollten». Die Gemeinde prüft eine Entwicklung des Areals und will kein Geld geben, dafür aber ein Darlehen. Die Gemeindeversammlung im Juni wird darüber befinden. Bei Hirschi kommt das weniger gut an: «Wir merken, dass wir den Schwarzenburgern wie eine Last erscheinen. Solche Gedanken zu haben ist eigentlich nicht gut.» Es ist ein ruhiger und besonnener Mann, der hier im «Bären» sitzt. Aber er ist auch gezeichnet von Jahren, in denen Albligen gegen die Abwanderung kämpft. Weniger als 400 Menschen leben noch hier, vor der Fusion waren es 500, «eine Zahl, die sich nie gross verändert hat», erinnert sich Hirschi, der selbst zwölf Jahre lang Gemeindepräsident von Albligen war.

Opfer von Sparmassnahmen?
Von Schwarzenburg kam das Versprechen, dass man den historischen Saal mitfinanziere. Im Gegenzug brachte Albligen Immobilien und Bauland in die Fusion mit ein. Weshalb tut sich die Gemeinde nun so schwer damit? «Das Zentrum von Albligen liegt mir am Herzen, deshalb wollen wir unbedingt helfen. Doch mit einer Sanierung des Saals allein lässt sich das Problem nicht lösen», kommentiert Urs Rohrbach. Der fade Beigeschmack bleibt. «Eigentlich sind wir daran, hier ein Zentrum zu machen, wir haben ein Konzept erstellt und die Abklärungen sind weit fortgeschritten», sagt Hirschi und zeigt auf eine Broschüre, in der auf 22 Seiten bis zur Bewirtschaftung alles angedacht ist. Man muss kein Albliger sein, um sich die Frage zu stellen, weshalb Schwarzenburg die Einnahmen aus den Verkäufen nicht zu einem Teil dem Dorf für sein Vorhaben zukommen lässt. «Wir haben das Gefühl, wir fallen den Sparmassnahmen von Schwarzenburg zum Opfer», befürchtet der Burgerpräsident. So gesehen helfen die Immobilien aus Albligen, einen Teil des Schwarzenburger Finanzlochs zu stopfen. Nein, man muss kein Albliger sein, um das zumindest kritisch zu hinterfragen.

Das Szenario
Noch reicht die Energie der Albliger, dagegen anzukämpfen. Die Burger inserieren den Gasthof und den Laden, auch in kombinierter Form, und hoffen, dass jemand die ehrenvolle Aufgabe übernehmen möchte, mitzuhelfen, dieses historische Zentrum wieder zu neuem Leben zu erwecken. Auf dem Vorplatz folgt die Probe aufs Exempel. Es dauert eine ganze Stunde, bis endlich wieder ein Fahrzeug nicht nur auf der Kantonsstrasse vorbeifährt, sondern den Blinker setzt. Doch die Freude ist von kurzer Dauer. Der Automobilist wendet nur sein Fahrzeug. «Ich habe Angst, dass meine Burgerkameraden beschliessen, die Gebäude zu verkaufen und den Kampf letztendlich aufzugeben», sagt Hirschi. Ein Ausverkauf eines Ortes, der jahrhundertelang für seine Eigenwilligkeit bekannt war, bis zu jener Albliger Magd, die einst den Tyrannen aus der Grasburg in die Fluten der Sense stürzte.

Die Albliger haben mit der Fusion gegeben, was sie zu bieten hatten: Immobilien und Bauland. Erhalten haben sie bis dato herzlich wenig, ausser Verständnis und Mitgefühl. Doch damit lässt sich keine Abwanderung stoppen und schon gar kein neues Leben ins Zentrum hauchen. Nein, dazu braucht es Menschen, welche die Ärmel nach oben krempeln und Laden, Gasthof oder beides übernehmen wollen. Wer hilft Albligen?

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