Weshalb man vor ihm den Hut ziehen muss

Weshalb man vor ihm den Hut ziehen muss

Es ist eine Ehre. Mike Bürki wird von allen 74 Gemeinden der Regionalkonferenz Bern Mittelland zum Präsidenten gewählt. Nur was tut eigentlich dieses kompliziert anmutende Konstrukt? Und was will der Riggisberger Gemeindepräsident verändern?

Nein, es ist nicht unbedingt nett gemeint, wenn man sagt, jemand trage zwei Hüte. Gerade in der Politik. Doch in diesem Fall ist es anders. Mike Bürki ist Gemeindepräsident von Riggisberg und wird einstimmig von allen 74 Gemeinden auch noch zum Präsidenten der Regionalkonferenz Bern-Mittelland gewählt. Er trägt also den passenden Hut seiner Gemeinde und einen weiteren, der passgenau über denjenigen des Gemeindepräsidenten gestülpt werden kann, ohne dass er den Hut ständig wechseln müsste. Er bringt also sozusagen beides unter einen Hut.

Zwei Gemeinden gleichzeitig
Der Grund weshalb die beiden Hüte passen, liegt in der Art und Weise, wie die RKBM organisiert ist. Diese selbst muss nämlich wie eine Gemeinde geführt werden. Eine Sonderform, weil die Regionalkonferenz keinen Gemeinderat hat; sehr wohl aber existiert ein Budget, ein Finanzplan und eine Verwaltung. «Da und dort gibt es auch ein paar Beübungen, weil es im Gemeindegesetz steht, muss man es machen, selbst wenn es wenig Sinn macht», schmunzelt Bürki. Ist dies etwas, dass der Riggisberger verbessern will? «Das Konstrukt ist komplex aber enorm wichtig. Wir kümmern uns um kommunale Themen, aber immer dort wo eine Sachlage nicht an den Gemeindegrenzen halt macht», erklärt er. Oft handelt es sich um Projekte aus der Raumplanung und dem Verkehr. «Hier braucht es ein übergeordnetes Gremium, dass zusammenarbeitet», betont Bürki.

Gemeinsam stärker
Nebst Raumplanung und Verkehr engagiert sich die RKBM auch in den Bereichen Energie, Regionalpolitik, Kultur und Wirtschaft. Stehen in diesen Themen 74 Gemeinden zusammen, hat das Gewicht. «Wir treten gegenüber Bund und Kanton geeint auf und sind so viel stärker», unterstreicht er. Das zeigt in vielen Projekten Wirkung. Eine Stärke, um die andere Regionen das Berner Mittelland beneiden dürften, denn Thun oder das Seeland beispielsweise, haben keine Regionalkonferenz.

Auf Achse
«Die Regionalkonferenz ist speziell für kleinere Gemeinden wertvoll», weiss Bürki und nennt ein Beispiel: «Wenn eine Gemeinde ein Areal entwickeln will, hilft die Regionalkonferenz dies durchzusetzen, unlängst gab es in Golaten einen solchen Fall.» Die Kommissionen der RKBM haben ein Antragsrecht, die Gemeindevertreterinnen entscheiden dann, die Geschäftsleitung darf höchstens Empfehlungen machen. So müssen sich die 74 immer wieder finden, damit eben die Stärke der gemeinsamen Kraft entfacht. «Das Prinzip ist manchmal etwas schwerfällig, deshalb haben wir nun eine Organisationsentwicklungsanalyse angestossen», verrät Bürki. So erfährt der Präsident selbst sehr kleinstrukturiert was erwünscht ist und kann dies in der neuen Legislatur einplanen. Eines sei klar: «Die Belastung ist heute schon hoch, wer will schon zusätzliche zwölf Sitzungen im Jahr.» Hier sucht der neue Präsident nach Lösungen. Eine erste Massnahme ist, dass er jene Gemeinden, die den Konferenzen regelmässig fernbleiben, aufsucht. In einem Besuch in den Gemeinden will er herausfinden, woran es liegt, dass sie nicht erscheinen.

Unbelastet belastet
Hier könnte ein grosser Vorteil in der Person von Mike Bürki liegen. Er selbst stammt aus einer ländlichen Gemeinde und kennt die Bedürfnisse aber auch die Probleme mit den personellen Ressourcen. Seine Massnahmen und seine Person dürften sicherlich nicht hinderlich sein, um es einmal vorsichtig zu sagen. Es mag mit ein Grund sein, weshalb er gewählt wurde. Zudem sind viele Gemeindepräsidenten grösserer Ortschaften verbandelt und etwas vorbelastet. «Ich bin in diesem Bereich eine Art unbeschriebenes Blatt», schmunzelt er. Obwohl, wer Bürki kennt, der weiss, wie schnell das Blatt vollgeschrieben sein dürfte. So wird der neue RKBM-Präsident unbelastet ins Amt steigen aber belastet mit vielen Aufgaben werden. Wie stemmt er das? «Mit viel Motivation. Diese Wahl war für mich ein persönliches Highlight. Vor allen Dingen, dass sie einstimmig war. Ich kann nun einen Beitrag leisten, der wichtig für die Entwicklung der Region ist», so Bürki.

Doch die wahre Ehre liegt in der schieren Kleine von Riggisberg. Normalerweise bekleiden Vollzeit-Gemeindepräsidenten grosser Orte das Präsidium. Der Riggisberger ist ein Teilzeit-Gemeindepräsident einer weitaus kleineren Ortschaft dafür aber ein Vollzeit-Rackerer. Vor dieser Mehrbelastung und der Zusage von 74 Gemeinden für den Riggisberger Mike Bürki kann man dann wirklich nur noch anerkennend den Hut ziehen.

Kurz gesagt
In der Regionalkonferenz Bern-Mittelland RKBM arbeiten 74 Gemeinden eng zusammen. Sie koordinieren gemeindeübergreifende Aufgaben und realisieren gemeinsame Lösungen und Projekte. Damit entwickeln sie die Region als attraktiven Lebens-, Natur- und Wirtschaftsraum weiter. Die RKBM wurde 2010 gegründet. Ihr Perimeter erstreckt sich von Fraubrunnen im Norden bis Guggisberg im Süden und von Münchenwiler im Westen bis Bowil im Osten. Im Gebiet der RKBM wohnen knapp 40 % der Berner Kantonsbevölkerung und befinden sich rund 50 % der Arbeitsplätze im Kanton.

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