«Wie werden sie tönen und zusammenstimmen?»

«Wie werden sie tönen und zusammenstimmen?»

Am 26. Februar 1922 konnte in der Reformierten Kirche ein neues, aus drei Glocken bestehendes Geläut aufgezogen werden. Ein Jahrhundert später wird dieses Ereignis am 27. Februar gebührend gewürdigt.

«Das war ein Ereignis für unsere Gemeinde, als am 10. Februar gegen Abend drei schön geschmückte Kirchenglocken, von elf kräftigen Pferden gezogen, auf drei Wagen aus dem Tal auf den Berg geführt und acht Tage später von unseren Oberschülern in den Turm hinaufgezogen wurden.» Diese Passage aus dem «Säemann» ist exakt 100 Jahre alt, gefolgt von der alles entscheidenden Frage: «Wie werden sie tönen und zusammenstimmen?» Den Zuschlag, die drei Glocken zu giessen, bekam die Aarauer Glockengiesserei H. Rüetschi AG. Nachzulesen ist dies in einer Broschüre mit einem Text des Historikers und Altkirchgemeindepräsidenten Manuel Kehrli aus Zimmerwald. Bebildert ist sie mit historischen Schwarzweiss-Aufnahmen aus dem Kirchgemeinde-Archiv. Gezeigt werden diese ab dem
27. Februar auch im Kirchgemeindehaus.

Schwergewichte
Die «Segensglocke» (Schlagton Es) wiegt 1560 kg und wurde durch Gemeindebeiträge und private Spenden finanziert. Sie trägt die Wappen der Gemeinden Englisberg, Obermuhlern, Niedermuhlern und Zimmerwald sowie die Inschrift: «In gemeinsamer Hoffnung auf eine neue Zeit nach Weltkrieges Leid und Streit 1921.» Die «Betglocke» (in As) wiegt 645 kg und wurde von der Familie Brönnimann-Schmid im Gätzibrunnen gestiftet. Die «Dankesglocke» (in C) wiegt 310 kg und trägt die Widmung: «Zum Andenken an gnädige Bewahrung im Weltkrieg 1914-1919».
Beutestück?
Nach dem ersten Weltkrieg wollte die Bevölkerung die alte eiserne «Dankesglocke» aufgrund ihres unpassenden Tons ersetzen. Eine Kollekte ermöglichte sogar den Ersatz des gesamten ursprünglichen Geläuts. Zwei Glocken wurden eingeschmolzen, die Eisenglocke kam ins Historische Museum Bern. Die Gemeinden Englisberg, Ober- und Niedermuhlern sowie Zimmerwald gehörten seinerzeit zur Kirche Belp. Belp musste eine Glocke an Zimmerwald abtreten. Die älteste bekannte Eisenglocke der Schweiz könnte ein Beutestück aus den Burgunderkriegen gewesen sein. Eine alte Glocke, gegossen aus 15 Zentnern Erz aus dem Zeughaus, stiftete die bernische Obrigkeit. Die Glocke zerbrach später und wurde ersetzt. Eine der alten Glocken konnte in Kiesen erworben werden.

Eigene Kirche für Zimmerwald
Der Patrizierfamilie Abraham von Werdt war der sonntägliche Weg nach Belp und zurück zu beschwerlich. Von Werdts versprachen eine ansehnliche Summe, falls auf dem Längenberg eine reformierte Kirche mit Pfrundscheuer gebaut würde – ein Vorschlag, der bei den Bauern auf Widerstand stiess. Doch 1697 schlug die Stimmung um. Sie stellten sogar Geld, Land oder Material zum Bau einer eigenen Kirche in Aussicht. Bald schon wurden sie bei den gnädigen Herren in Bern vorstellig. 1697 konnten die Bauarbeiten beginnen und zwei Jahre später war die Kirche fertiggestellt. 1770 weihte man die erste Orgel ein. 1959 war die erste grosse Kirchen-Renovation fällig, 1991, nach einem Unwetter, die zweite Turm-Renovation. 1986 folgte die Einweihung der heutigen Orgel. Zuletzt saniert wurde die Kirche 2017. Der nächste Eckpunkt: Die nun stattfindende 100-Jahr-Feier des Geläuts unter der Federführung von Pfarrerin Susann Müller.

Zuversicht auf friedliche Zukunft
Zum Jubiläumsgottesdienst sagt die Pfarrerin: «Mit grosser Dankbarkeit erinnere ich mich an das uns alle verbindende Läuten unserer Kirchenglocken während der Zeit im vergangenen Jahr, als keine Gottesdienste gefeiert werden konnten. Zum Glockenjubiläum wird derselbe Satz ‹Singt Gott ein neues Lied› wie vor hundert Jahren im Zentrum stehen, wenn wir uns an den mutigen Entscheid erinnern, drei neue wunderschön tönende Glocken erklingen zu lassen.» Rudolf Thalmann, Präsident der Kirchgemeinde Zimmerwald, meint im Vorfeld der Feierlichkeiten: «Aus Dankbarkeit, im Ersten Weltkrieg vom Schlimmsten verschont geblieben zu sein, hat die bäuerliche Bevölkerung auf dem Längenberg ihr Geld für ein neues Geläut zusammengetragen. Das verdient grossen Respekt! Dies war nicht nur Ausdruck ihrer tiefen Gottesfürchtigkeit, sondern auch ihrer Zuversicht auf eine friedliche Zukunft.» Neben Glockenklang hat die Kirche auch noch einen Augenschmaus für Kirchenfenster-Fans zu bieten: Die 1905 vom Luzerner Glasmaler Aloys Balmer geschaffenen Werke «Friede auf Erden», «Kommt her zu mir» und «Bleibe bei uns».

Teilen Sie diesen Bereich

Beitrag:
««Wie werden sie tönen und zusammenstimmen?»»

Die meistgelesenen Artikel

Kontakt

Datenupload

Der einfachste Weg uns Ihre Daten zu senden!

Werbeberatung

Schritt 1 von 2