Zu wenig – zu spät?

Zu wenig – zu spät?

Die Bildungs- und Kulturdirektion, Bildung Bern, der Berufsverband der Schulleitungen sowie der Verband Bernischer Gemeinden stellten zum Start des Schuljahres 2023/24 in einer Medienkonferenz neue geplante Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel vor. Ob der Grosse Rat die Massnahmen durchwinken wird, bleibt allerdings abzuwarten.

«Gemeinsam die Schulen stärken» lautet das Motto der Medienkonferenz, zu der Regierungsrätin Christine Häsler eingeladen hatte. Nachdem im Mai im Kanton 500 unbefristete Stellen offen waren, sind es zum Schulanfang Mitte August noch deren 30. Die gut besuchten Sommer-Camps, die die PH Bern für Quereinsteigende ohne Lehrdiplom in Zusammenarbeit mit der Bildungs- und Kulturdirektion BKD angeboten hat, sollen weitergeführt werden, so Häsler – allerdings mit dem Nachsatz, dass Quereinsteigende mittel- und langfristig nicht die Lösung des Problems sein können.

 

Funktionszulage und Entlastungslektion für Klassenlehrpersonen ab August 2024?

Seit Jahrzehnten wird heftig, aber erfolglos darüber diskutiert, wie Klassenlehrpersonen unterstützt werden können, die unbezahlt neben dem Unterrichten zahlreiche Zusatzaufgaben wie administrative Arbeiten und herausfordernde Elterngespräche übernehmen müssen. Auf Druck von und in Zusammenarbeit mit Bildung Bern und dem Berufsverband Schulleitungen Bern VSL ist 2022 in Form einer «Not-Massnahme» Bewegung in die Diskussion gekommen: Seit August 2022 erhalten Klassenlehrpersonen statt einer bezahlten Entlastungslektion pro Woche deren zwei. Allerdings müssen diese Zusatzlektionen unter beträchtlichem administrativem Aufwand zuerst beantragt werden. Nun will die Bildungsdirektion das komplizierte Prozedere ab nächstem Schuljahr vereinfachen: Klassenlehrpersonen sollen automatisch neben einer monatlichen Funktionszulage zusätzlich fünf bezahlte Stellenprozente erhalten. In Stein gemeisselt ist diese Massnahme allerdings noch nicht: Zu guter Letzt wird der Grosse Rat entscheiden, ob dieser Schritt in die richtige Richtung tatsächlich ab August 2024 vollzogen werden kann.

Mehr Stellenprozente auch für Schulleitungen ab August 2025?

Durch den Lehrpersonenmangel sind in den letzten Jahren auch die Herausforderungen für die Schulleitungen massiv gestiegen, wie Katrin Messerli, Co-Präsidentin des VCL Bern, an der Medienkonferenz ausführt: «Der Lehrpersonenmangel bedeutet einen riesigen Zusatzaufwand – nicht zuletzt wegen den Quereinsteigenden ohne Lehrdiplom, die von Schulleitung und Kollegium mit viel Aufwand betreut werden müssen.» Auch den Schulleitungen sollen ab August 2025 mehr Stellenprozente zur Verfügung gestellt werden, ergänzt Niels Lang, Leiter Schule Wangental/Köniz und Co-Präsident des VSL. Auf die Frage, was diese Massnahme kosten werde, waren seitens der Regierungsrätin keine genauen Zahlen und Informationen zu vernehmen – abgesehen von der Aussage, dass dies voraussichtlich mehr als die geplante Unterstützung der Klassenlehrpersonen kosten werde.

«Viel bestellt, nicht alles bezahlt»

Mit diesen Worten fasst Stefan Wittwer, Präsident der Lehrergewerkschaft und des Berufsverbandes «Bildung Bern», die Entwicklung der letzten Jahre im Schulwesen zusammen. Dass in dieser Kritik unausgesprochen auch die umstrittene Integration mitschwingt, darf zumindest vermutet werden. Es sei nun höchste Zeit, die Schulen substanziell zu unterstützen – gemäss den Forderungen, die am 10. Mai dieses Jahres am Berner Bildungstag von 6000 Lehrpersonen und Schulleitenden in einer Resolution formuliert worden seien:

• Flächendeckendes Teamteaching in Zyklus 1 und bei schwierigen Klassenzusammensetzungen

• Stärkung und Entlastung von Klassenlehrpersonen aller Stufen

• Voller Teuerungsausgleich und weiterhin verlässlicher Gehaltsaufstieg

• Aufstockung der Pensen von Schulleitungen

• Reduktion des administrativen Aufwandes für Lehrpersonen

• Anreize schaffen für höhere Pensen.

Kaum Lehrpersonenmangel in den frankophonen Gemeinden des Kantons Bern

Am Rande der Medienkonferenz ist zudem die Rede davon, dass in den frankophonen Kantonen kaum Lehrpersonenmangel bestehe –  folgerichtig auch nicht im Jura bernois oder in Biel-Bienne. Ein interessanter Hinweis, auf den an der Medienkonferenz erstaunlicherweise nicht weiter eingegangen wird. Als Erklärungsansatz können die Hinweise von Fachleuten dienen, die betonen, dass in der Romandie Schulen hierarchischer geführt werden und Pensen unter 50 Prozent deutlich seltener sind als in der Deutschschweiz. Affaire à suivre.

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