Kaum mehr als 100 Tage ist er im Amt. Das würde man nicht denken. Der Neogemeinderat kennt die Zahlen sowie die Dossiers und hat klare Visionen. Das ist richtig und wichtig, «denn die Aufgaben, die auf uns zukommen, sind nahrhaft und happig», so Thomas Marti. Konkret muss die Gemeinde, wenn man etwa an das Schulwesen oder das Ziel Netto-Null 2045 denkt, «in zehn Jahren so viel bauen wie normalerweise in zwanzig Jahren», präzisiert er. Doch er sagt dies ohne Warnfinger, ohne Hektik und ohne Panik. «Ich habe ein tolles Team, das mich bestens aufgenommen hat und mit dem ich diesen Weg gehen kann», stellt er einerseits fest. Anderseits hat Marti längst einen Plan entwickelt.
Das Glück des Rahmenkredits
Seit 55 Jahren kennt die Gemeinde das Instrument des Rahmenkredits für Liegenschaftskäufe. «Meine Vorgänger haben ein Instrument geschaffen, das der Gemeinde erlaubt, im Immobilienmarkt flexibel zu reagieren und zeitnah strategisch wichtige Liegenschaftskäufe zu tätigen», lobt er seine Vorgänger. Einst waren es 20 Mio., heute sind es 25 Mio. Franken, welche der Gemeinde zur Verfügung stehen. Ohne diesen Rahmenkredit würde der Prozess für einen Liegenschaftskauf mindestens neun Monate betragen – die Gemeinde werde dann oft einem guten Angebot hinterherhinken. So aber kann man strategisch wichtige Parzellen kaufen, selbst wenn die Nutzung erst noch bevorsteht.
Aktive Bodenpolitik
Die Strategie kennt lange Zy-klen und eine vorausschauende Planung. «Im ländlichen Teil der Gemeinde haben wir kürzlich für eine Liegenschaft ein Baurecht vergeben, wo wir sagen, im Moment ist diese Liegenschaft für uns nicht wichtig, aber in 30 oder 40 Jahren sieht das anders aus. Dann müssen wir darüber verfügen können», macht Marti ein Beispiel. Köniz muss nicht alles immer sofort verfügbar haben. Aber mit der Weitsicht einer raumplanerischen Brille zu einem gewissen Zeitpunkt schon. Und da kommen die anderen Direktionen ins Spiel: «Wir haben Entwicklungsgebiete, die in die nächste Raumplanungsrevision reinspielen. Wir versuchen Grundstücke schon für diese Zeit zu haben und zu sichern, damit wir die Entwicklungen wirklich hinbekommen.» Köniz hat sich verpflichtet, in jedem Ortsteil solche Entwicklungen zu tätigen. Deshalb hat man beispielsweise in Niederscherli den Bären gekauft. «Wir wollen nicht auch noch Hoteliers werden, vielmehr geht es uns um den Saal, der erhalten werden soll, weil wir wissen, dass solche Säle oft verschwinden, obschon sie dringend gebraucht würden.» Aktive Bodenpolitik bedeutet also, Entwicklungen zu ermöglichen, Verbesserungen herbeizuführen und den dafür notwendigen Raum zur Verfügung zu stellen.
Schreckgespenst Revisionen
In vielen Gemeinden ist die Raumplanungsrevision zu einem der grössten Probleme avanciert. Belp und viele weitere wollten schon lange weiterentwickeln und werden ausgebremst, weil das Volk diese regelmässig umstösst. Wie sieht das in Köniz aus? Auch hier stehen raumplanerische Anpassungen an, man denke nur an das Projekt Liebefeld Mitte. «Das Problem mit solchen Revisionen ist oft, dass die Komplexität zunimmt und die Umsetzung, bis etwas gemacht werden kann, sehr lange dauert. Das muss besser werden, da ist aber neben der Gemeinde auch der Kanton in der Pflicht», meint der Gemeinderat. Köniz bringt grosse Projekte vors Volk. Mit Erfolg. Der Dialog und ein Parlament, das diese vorbespricht und darüber befindet, sind aus raumplanerischer Sicht von grossem Vorteil.
Immobilienportfolio soll noch wachsen
Die aktive Bodenpolitik, der Rahmenkredit und ein Parlament, das bei strategischen Prozessen miteinbezogen wird, damit raumplanerische Vorhaben für die Bevölkerung nachvollziehbar werden, mit diesen drei Säulen will Marti die Herausforderungen der kommenden Jahre in Angriff nehmen. Hat man denn nicht schon genügend Liegenschaften? Es ist die erste Antwort, die nicht sofort kommt. Marti überlegt eine Weile und meint dann: «Aus meiner Sicht dürften es ruhig noch mehr werden. Wenn wir an strategisch wichtigen Orten als Grundeigentümer auftreten können, haben wir bessere Karten, die Entwicklungen im Sinne des Volkes voranzutreiben. Ich finde es sinnvoll – wenn es irgendwie geht – nichts zu verkaufen.» Im Gegenteil, der Gemeinderat zählt auf, was alles ansteht, Schulhäuser, Zentrum Köniz Nord, Brühlplatz, die Liste liesse sich noch deutlich verlängern. Oft kosten solche Vorhaben eine zweistellige Millionensumme. Baut Köniz zu teuer? «Wenn man die Kubikmeterpreise der letzten Schulhäuser berechnet, sind wir in einem normalen Bereich. Wo es zu Mehrkosten kommt, sind Wettbewerbsausschreibungen. Es gibt dann oft eine Tendenz, alles haben zu wollen, statt nur wenig davon. Da muss man aufpassen, dass es nicht plötzlich teuer wird. Zudem haben wir im Bau eine Vorbildfunktion, was die Nachhaltigkeit angeht, auch das kann zu Mehrkosten führen.»
Die Anforderungen sind hoch, aber die Ausgangslage gut. Dieses Gefühl entsteht, wenn man mit Gemeinderat Thomas Marti (GLP) spricht. Mit einem Auge schaut er weit nach vorne, mit dem anderen auf die anstehenden Aufgaben. Ohne zu schielen, dafür mit der Fähigkeit, seine Aufgaben so anzugehen, dass er sowohl CEO als auch Verwaltungsrat ist.