Als Gastgeber in die Freiheit

Als Gastgeber in die Freiheit

Langjährige Leserinnen und Leser dieser Zeitung mögen sich wohl noch an die Leserreisen von Christoph Bührer in der damaligen «Dörfli Zytig» erinnern. In der Region ist der Unternehmer kein Unbekannter. Nun steht er vor der Pension, schaut zurück – doch zur Ruhe setzt er sich noch lange nicht.

In diesen Monaten ist Christoph Bührer daran, sein Wirken in jüngere Hände zu übergeben. Der bald 65-jährige Vollblut-Unternehmer blickt auf fast 50 Jahre zurück, die von sehr viel Arbeit, beeindruckenden Anekdoten, erfolgreichem Geschäften und auch Momenten der Reue geprägt sind. Alles fängt damit an, dass der Murtner Bub mit Ostschweizer Wurzeln als Predigersohn in einer freikirchlichen Gemeinde aufwächst. Sein Vater, ebenfalls sehr einfach aufgewachsen und von viel harter Arbeit geprägt, sieht für den Sohn eine Lehre als Mechaniker vor. «Aber eigentlich wollte ich schon als Schulbub Hotelier oder Koch werden», erzählt er. Nach dem Abschluss hat der junge Maschinenmechaniker nur ein Ziel: «Ich wollte Menschen und Länder kennenlernen.» Nach einer von Sonntagsschule und Jungschar geprägten Kindheit und Jugend zieht es ihn in die Freiheit, hinaus in die Welt. «Damals war das gar nicht anders möglich als als Lastwagenchauffeur.»

Freiheit weit weg von daheim
Eine zweite Lehre als Lastwagenmechaniker öffnet ihm schliesslich die Tür; bald fährt er durch ganz Europa. «Das war eine der schönsten Zeiten in meinem Leben. Ich würde wohl heute noch fahren», schaut er zurück. Doch es kommt anders, denn wochenlang unterwegs zu sein, lässt sich kaum mit einem Familienleben verbinden. «Ausserdem», ergänzt er, «ist man in der Kabine viel allein.» Seine Lösung: Er macht die Carprüfung. «Endlich fand ich meine Passion. Hier konnte ich meine Liebe für die Menschen mit der Leidenschaft fürs Reisen verbinden.» Der damalige Klopfstein-Geschäftsleiter in Laupen, Martin Wüthrich, sieht das Potenzial des Chauffeurs und Reiseleiters. Er rät ihm, noch die Handelsschule sowie die Betriebsleiterschule zu absolvieren. Nach zehn Jahren verlässt Bührer Klopfstein schliesslich als
Geschäftsleiter.

Leserreisen und Gottéron
In diese Zeit fällt auch die Freundschaft mit Max Riesen, dem langjährigen Herausgeber dieser Zeitung. Gemeinsam organisieren sie Leserreisen. Gleichzeitig fädelt Christoph Bührer für Klopfstein Anfang der 1990er-Jahre das 1. Hauptsponsoring bei Gottéron ein, ist mit dem legendären Duo Slawa Bykow und Andrey Chomutow in Moskau unterwegs, fährt mit bis zu 50 Fan-Cars an Matches – wohlgemerkt abends und an Wochenenden, neben dem normalen Geschäft. «Meine Frau Béatrice hatte einen Mann, der viel fort war», sagt er nachdenklich. Damals habe man sich über seine Schaffenskraft definiert, sei niemand gewesen, wenn man nicht mindestens 120 % gearbeitet habe. «Heute ist das zum Glück anders.» Mit seinem Sohn und den beiden Töchtern könne er offen über diese Zeit reden. «Mein Sohn will ein Vater sein, der daheim präsent ist. Das war früher undenkbar – heute unterstütze ich dies voll und ganz.»

Erfolgreich – und leidend
Nach der Zeit bei Klopfstein und dem Aufbau von Car Rouge spannt er 2007 mit Michel Kaltenrieder und Interbus zusammen; beide halten 50 % Anteil an der Instandhaltungsfirma für Reise- und Linienbusse. «Michel kümmerte sich ums Technische, ich mich um den Verkauf.» Zusätzlich ruft er das Reiseunternehmen Edelline ins Leben: Wirtschaftlich ein Erfolg. «Doch dieser Entscheid war nicht genügend durchdacht und brachte viel Unruhe in unseren Betrieb.» Denn ungewollt macht er seinen Interbus-Kunden Konkurrenz. Sein Charisma und sein Charakter sorgen dafür, dass er bei den Menschen gut ankommt und erfolgreich geschäftet. «Doch innerlich litt ich oft stark», gibt er zu. Sind seine Cars voll und die Reisen ausgebucht, ruft das bei anderen auch Neid hervor. «Und ich versprach stets viel, konnte nicht gut Nein sagen, aber eben auch nicht immer an alles denken.» Er habe zu viel aufs Mal gemacht, war dadurch den einzelnen Sachen nicht mehr zu 100 % gewachsen und habe so auch Leute verletzt. «Im Geschäftsleben wird mit harten Bandagen gearbeitet, doch ich bin nicht der Typ dafür. Und es allen recht machen zu wollen, ist auch nicht der beste Wegbegleiter.»

Mit Bundesräten unterwegs
Quasi nebenher fährt Edelline im Auftrag des VBS Bundesräte, Parlamentsmitglieder oder Bundespersonal herum. «Wenn ein Chauffeur ausfiel, sprang häufig ich ein.» Besonders oft holte er Eveline Widmer-Schlumpf in Graubünden ab. Über die Jahre entwickelt sich eine vertraute Beziehung zu der Bundesrätin. «Sie zeigte mir, welche Blumen auf dem Julierpass wachsen, kondolierte mir persönlich beim Tod meines Vaters.» Sie habe eine unglaubliche Achtung vor allen Menschen, wollte nie bevorzugt behandelt werden. So habe sie darauf bestanden, selbst die Autotür zu öffnen, und habe ihn im Gegensatz zu anderen nie warten lassen: «Ich lernte viel von ihr.»

Gästehaus im Jura
Vor fünf Jahren, mit 60, entscheiden sich Bührers zu einem ungewöhnlichen Schritt: Sie verkaufen ihr Haus in Murten und erstehen im Jura – «völlig überteuert» – ein altes Bauernhaus. Dies bauen sie zum Gästehaus Jurabelle um. «Mein bester Freund sagte, ich hätte den Verstand verloren.» Doch so schliesse sich der Kreis: «Hier kann ich wieder ganz Gastgeber sein.» Und es freue ihn, dass die Gäste hier nach Béatrice fragten, dass sie aus seinem Schatten herausgetreten sei. Der Visionär zieht sich in die zweite Reihe zurück: «Mein Sohn sagte mir, es brauche jetzt einen Generationenwechsel. Gott sei Dank habe ich auf ihn gehört.» Er fügt an: «Persönlich bin ich dankbar, dass ich einen Gott kenne, der mich in all den intensiven Jahren beraten und mich nie aus seinen Augen verloren hat. Bei ihm bin ich wertvoll, ohne dass ich etwas leisten muss. So bin ich entspannt und zuversichtlich.»

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