Von Nachbarin Suzanne erhalte ich eine Whatsapp. Sinngemäss zu lesen: «Ich danke euch allen für eure Fürsorge, aber mir geht es nach dem Erlebten wieder gut. Und für jene unter euch, die nicht wissen, weshalb ich schreibe: Ich wurde heute Morgen bei der Tankstelle überfallen. Es ging alles ganz schnell, ich habe gar nichts mitbekommen. Plötzlich war mein Geld weg, ich habe am ganzen Leib gezittert. Die Polizei war schnell da, kümmerte sich um mich. Auf die Frage nach der Täterschaft habe ich bloss auf die Tanksäule Nummer 3 gezeigt und gesagt, dass es dort passiert sei.»
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In mir regte sich sofort der Krimiautor, weshalb ich Suzanne umgehend geantwortet habe. «Liebe Suzanne, das ist schlimm und tut mir leid. Konnte die Polizei weiterhelfen, wurden Spuren gesichert? Hat die «Agrola» eine Videoüberwachung? Und wenn nicht, falls die Täter selbst getankt haben: Gibt es Fingerabdrücke auf der Tastatur, wo man den Pin eingeben muss? Wurden allenfalls eingegebene Banknoten untersucht? Vor allem: Bitte nimm professionelle Hilfe in Anspruch, damit sich das Erlebnis nicht in deine geistige Festplatte einbrennt und du deswegen Albträume hast. Diese Hilfe, dieses Debriefing, muss sofort erfolgen, innert 48 Stunden. Das ist ganz wichtig! Thomas.»
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Suzannes Reaktion erfolgte prompt: «Thomas, das war ein Witz. Mit Tanksäule Nummer 3 meinte ich den Benzinpreis, der so hoch ist. Nach dem Tanken war mein Geld weg. Aber danke, dass du dich um mich kümmerst.» Toll, Thomas, ganz toll.
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Kürzlich war ich zum Krimischreiben im Wallis. Heisst: Thomas allein zuhaus. Nach einem feinen Znacht für mich solo habe ich mich auf ein Fussballspiel eingestellt, das um 20:45 Uhr beginnen wird. Weil Dienstagabend hiess das für mich: Krimi ab 20:05 Uhr auf SRF1, dazwischen husch zum Sport zappen, um das Resultat zu verfolgen. Zum Schluss der Tagesschau heisst es: «Und nun noch kurz zum Sport. Soeben ist der Match zwischen der Schweiz und dem Kosovo zu Ende gegangen. Die beiden Mannschaften trennten sich unentschieden 1:1.» Aha.
Sie wissen es bestimmt nicht mehr: In den 90ern habe ich alias Beat Neuenschwander «versteckte Telefone» für ein Berner Lokalradio geführt, ungefähr 60 insgesamt. Es war ein Gaudi, nicht bloss für mich, sondern auch für die meisten Angerufenen. Das Hallenbad Bern wollte ich für einen Jubi-Anlass mit Cola füllen, bei Globus Delicatessa einen Pinguin übers Week-end in die Kühlkammer stellen, bei einem Fleurop-Blumengeschäft Knoblauch und Petersilie nach Kalifornien bestellen, in einem Teppichgeschäft einen Algenteppich reinigen lassen. Und, und, und…
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Nun gut, einige haben die Ausstrahlung verboten, fanden die Idee nicht wahnsinnig witzig. Zum Beispiel jener bekannte Optiker, bei dem ich Kontaktlinsen für ein Springpferd organisieren wollte. Oder die US-Embassy, wo ich um Asyl in den USA nachgefragt habe, weil ich kein Militär leisten wollte. Nicht druckbare Ausdrücke erhielt ich auch von einer Polizistin, bei der ich um eine Busse nachgefragt habe, weil mein Kollege eine Parkbusse gesteckt erhalten hatte, ich aber nicht, obwohl mein Auto unmittelbar hinter seinem stand. Auch Polo Hofer gesellte sich zu den «Verweigerern», als ich ihm seinen Hund zurückbringen wollte, im Wissen, dass er kein Hundeliebhaber ist. Zu allem Unglück sagte ich ihm auch, dass meine Frau seine Songs super fände, vor allem das mit den «grüene Banane». Egal.
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Ich war mir immer bewusst, dass irgendeinmal eine Retourkutsche folgen würde. Und diese traf dann eines Morgens bei mir in der Migros Schönbühl ein. Anrufer: Herr Iwanow. Und besagter Handelsattaché auf der russischen Botschaft begehrte mich zu sehen, zusammen mit einem Brillenhersteller aus Moskau, um mit der Migros ins Geschäft zu kommen. Ha! Aber doch nicht mit mir. Also habe ich Herrn Iwanow nach allen Regeln der Kunst ausgezählt und geradezu lächerlich gemacht. Peinlich, sehr peinlich dann, als sich herausstellte, dass es wirklich Herr Iwanow von der russischen Botschaft war. Sy no Frage?