Der «Sternen» muss Wohnungen weichen

Der «Sternen» muss Wohnungen weichen

Über hundert Jahre prägte das Hotel Sternen das Dorfbild der Sensler Gemeinde. Teure Investitionen und das veränderte Ausgangsverhalten der Menschen verhindern eine Weiterführung des Gastbetriebes. Voraussichtlich wird das Gebäude demnächst abgerissen. Auf dem Areal sind zwei Gebäude-Komplexe mit total 24 Wohneinheiten und integrierter Grünfläche geplant.

Anno 1908 baute die Familie Baeriswyl das Hotel zum Sternen. In den 30er-Jahren ging der Betrieb an Regine Aebischer über, und 1955 an Josef und Alice Aebischer, die Eltern des heutigen Besitzers Heinz Aebischer. Der «Sternen» wurde seit jeher als Familienbetrieb geführt. Früher befand sich der Saal im ersten Stock. Über die Jahre investierten die Besitzer einiges an Geld für Umbauten, Fassadenrenovierungen, Einrichten von Hotelzimmern und für den Anbau eines neuen Saales im Jahr 1961. Das Hotel-Restaurant war immer gut besucht, vor allem auch, weil vor dem Bau der Autobahn Touristen aus Deutschland und Frankreich auf ihren Reisen in Heitenried zu nächtigen pflegten. Der imposante, anmutige Bau war neben dem Schloss ein beliebtes Fotosujet und wurde auf etlichen Postkarten abgedruckt. 1986 übernahm Heinz Aebischer mit seiner Frau den Familienbetrieb. «Das Wirten ist eine Gabe und muss einem im Blut liegen; nicht alle Menschen stehen gerne in der Öffentlichkeit», sind sich die beiden einig. Für sie war es nicht immer leicht, trotzdem haben sie den «Sternen» zwölf Jahre erfolgreich geführt. Zweimal verpachtete Heinz Aebischer danach den «Sternen». Zuerst an Familie Engemann und seit 2007 an Thomas Aebischer. Der Namensvetter ist mit dem Besitzer aber nicht verwandt.

Mit einem lachenden und
einem weinenden Auge
Für Isabelle und Heinz Aebischer war schon länger klar, dass die Umnutzung des Sternen nach Beendigung des bestehenden Pachtvertrages unumgänglich wird. Machbarkeitsstudien haben ergeben, dass die Kosten für Umbauten und Renovationen allein schon wegen der verschiedenen Höhenniveaus der Stockwerke enorm hoch wären. Praktisch unmöglich für ein kleines Landhotel, solch horrende Investitionen zu tätigen und dabei noch rentabel zu betreiben. Zudem ist die Nachfrage nach alten, renovierungsbedürftigen Gebäuden derzeit sehr gering. Ein Komplett-Abriss scheint die einzige vernünftige Lösung zu sein. Einfach fällt es Heinz Aebischer keineswegs, sein Elternhaus herzugeben. In Heitenried herrscht überdies quasi eine Überkapazität an Beizen; deren vier sind im Restaurant-Verzeichnis unter der Postleitzahl 1714 verzeichnet. «Früher hat man sich in der Beiz verabredet und danach gings in den Ausgang; heute läuft alles via Handy, die Beiz als Treffpunkt fällt weg», sagt der aktuelle Wirt, Thomas Aebischer. «Das Gastgewerbe geht harten Zeiten
entgegen.» Die heutigen baulichen und lebensmitteltechnischen Vorschriften machen es den Wirten auch nicht gerade leichter. Die Gäste werden anspruchsvoller und erwarten jederzeit, auch ohne Voranmeldung, frisch zubereitete Speisen. «Kommen die Gäste nicht, muss ich die Ware wegwerfen, was Verschwendung und nicht rentabel ist», erklärt er. Dazu kommen die hohen Nebenkosten, die ein solch altes Gebäude wie der «Sternen» verursacht. Mehr geschadet als das Rauchverbot hat dem Gastgewerbe seiner Meinung nach die Herabsetzung der Promillegrenze. Denn, für ein einziges Bier geht heute keiner mehr in die Dorfbeiz. Gepunktet hat Aebischer bei seiner Kundschaft mit seinen speziellen Anlässen wie Thai-Buffet, Kuttel-Abend, Wild-Buffet und Paella-Essen. Auch die Dorfvereine durften immer auf seine Unterstützung zählen, oftmals sponserte er leckere Speisen für deren Anlässe.

Stirbt das Dorfleben?
Dass mit dem eventuellen Abriss des «Sternen» etwas verloren geht, ist wohl unbestritten. Aebischer sieht die Sache allerdings ziemlich nüchtern. Es sei ein Zeichen der heutigen schnelllebigen Zeit: Alle sind unabhängig und vernetzt, Läden und Poststellen schliessen, die Geselligkeit verliert an Stellenwert. Das «traditionelle Beizertum» – 14 bis
16 Stunden Präsenzzeit – gebe es heute praktisch nicht mehr, ist er überzeugt. Er selbst schätzt den Kontakt mit den Gästen und ist mit Herzblut Wirt. Darum hat er sich bereits neu orientiert und zusammen mit seiner Frau Rose das Capri (Bar/Pub) in Schmitten übernommen, wo er in kleinerem Rahmen eine andere Klientel bedient. Das Hotel-Restaurant Sternen bewirtet seine Gäste noch bis am 27. Januar. Am 4. Februar ist «Austrinket» und dann gehen definitiv die Lichter aus. In den nächsten Monaten wird sich das Dorfbild von Heitenried drastisch verändern. Ob sich auch das Dorfleben verändert, wird sich zeigen. «Die Zeit kann man nicht aufhalten.»

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