«Ein Marathon beginnt erst ab Kilometer 37»

«Ein Marathon beginnt erst ab Kilometer 37»

An der Ehrung für Verdienste im Sportbereich im September wurde in der Kategorie «Herausragende Leistungen im Einzelsport» auch der 81-jährige Beat Marti aus dem Spiegel ausgezeichnet. Geehrt wurde er vom Könizer Gemeinderat für seine Erfolge sowie seinen unbändigen Durchhaltewillen im Laufsport.

Die Gleichung im Untertitel entspricht nur der halben Wahrheit. Die 6000 Kilometer beziehen sich auf die effektiv absolvierten Waffenläufe, da sind die Trainingskilometer nicht mitgezählt und auch die unzähligen absolvierten Volksläufe im In- und Ausland nicht. Insgesamt hat Marti in den Jahren zwischen 1969 bis 2022 knapp 2000 Läufe und 82’000 Trainingskilometer absolviert.

Beat Marti wurde in Rüeggisberg geboren und ist später in Fultigen aufgewachsen. «Meine sportliche Laufbahn begann ich mit Boxen. Beim ABC Bern, im Boxkeller von Charly Bühler, traf ich auf die Chervet-Gebrüder und absolvierte mit ihnen harte Trainings. In 10 Jahren Boxsport und 40 Wettkämpfen im Weltergewicht schaffte ich es an den Schweizermeisterschaften dreimal in den Viertelfinal. Aufgrund einer chronischen Nasenverletzung musste ich mit Boxen aufhören», erklärt Marti, dabei blitzt ihm der Schalk aus den Augen. Im Militärdienst habe der Kompaniekommandant der Füs Kp II/32 jedem Soldat für das Absolvieren eines Waffenlaufes einen Tag Urlaub offeriert. Dies wollte sich der Füsilier  und spätere Gefreite Marti natürlich nicht entgehen lassen. «Beraten und betreut durch meinen damaligen Trainingskollegen, Werner Roth, startete ich 1969 am ‹Thuner Waffenlauf› über 27,2 Kilometer und belegte in 2:08 Stunden den 20. Rang von 580 Auszüglern. Zwei Wochen später startete ich am legendären ‹Frauenfelder› über 42,2 Kilometer und 500 Höhenmetern. Mit 3:28 Stunden erzielte er den 19. Rang. «Da wusste ich, dass ich für den Laufsport prädestiniert war.» Den Frauenfelder bestritt Marti insgesamt 25. Mal in Serie. «Bei Kilometer 37 ging es über die berüchtigten ‹Kamelhügel›. Wer danach noch frisch war, konnte bis ins Ziel noch etliche Ränge gut machen», erinnert sich Marti. Das Gewicht der Packung mit Karabiner oder Sturmgewehr 57 betrug 7,5 Kilo. Anfänglich wurde im Tenue Grün mit einem weissen Hemd sowie am Leibgurt befestigten Bajonett und vier Patronentaschen und in Ordonnanzschuhen gelaufen. Erst später wurden die Läufe im Tenue Blau, im Kämpfer, mit Laufschuhen und ohne Bajonett und Patronentaschen absolviert. Mit dem Sturmgewehr 90 betrug das Rucksackgewicht noch 6,4 Kilo.

Beim täglichen Lauftraining zusammen mit «Brächtu» Albrecht Moser traten bei Marti wiederholt Wadenmuskelverletzungen auf. Auch eine Venenoperation brachte keine vollständige Heilung. Auf ärztlichen Rat hin musste Marti das Training auf zweimal pro Woche reduzieren und auch das Velofahren ins Training einbeziehen. Dadurch konnte Marti trotzdem an Läufen teilnehmen. 1993, nach 152 Waffenläufen, war schmerzfreies Laufen nicht mehr möglich. Ärztlicher Befund: eine schlimme Hüftgelenkarthrose links, die das Einsetzen einer Hüftgelenkprotese erforderte. Danach lautete der ärztliche Befehl: kein Laufsport mehr, dafür intensives Velofahren und Schwimmen. «Nach vier Jahren Laufabstinenz und einigen Stürzen mit dem Velo, genau auf die Seite mit der operierten Hüfte, jedoch ohne Folgen, sagte ich mir ‹Test bestanden› und begann wieder mit der Teilnahme an Waffen- und Volksläufen. Der Waffenlaufvirus und mein unbändiger Wille waren stärker», so das über 50-jährige Mitglied des Stadt Turnverein Bern (STB). Marti war auch Mitglied beim Weltrekord 100 x 1000 m im Jahr 1979 im Wankdorfstadion. 100 Läuferinnen und Läufer liefen je 1000 Meter und erzielten die Gesamtzeit von 4:36:57,5. Am 24. September 2022 absolvierte er am Waffenlauf in Kaisten (17 km) seinen 100. Waffenlauf mit der Protese und insgesamt seinen 252. Waffenlauf. Die zurückgelegten Trainingskilometer mit Protese betrugen 35’000 Kilometer.

Marti erlernte in der damaligen Firma Metallbau Schärer & CO in Liebefeld den Schlosserberuf. Dazu fuhr er jeden Tag bei Wind und Wetter mit dem Velo von Oberbütschel nach Liebefeld und zurück. Nach einigen Jahren als Schlosser wechselte er zur Kantonalbank, später arbeitete er bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Mit steter Weiterbildung erarbeitete er sich die Kaderzugehörigkeit in der «Organisationseinheit Bargeld». Nach 27 Jahren bei der SNB wurde Marti pensioniert.

Die heute 76-jährige Rosmarie Marti hat ihren Ehemann in all den Jahren betreut und unterstützt. Und sie hat während dieser Zeit selbst an vielen Gelände- und Volksläufen teilgenommen, teils gemeinsam mit ihrem Mann. «Das brachte uns an schöne Orte im In- und Ausland», sagt sie stolz. Sie blättert in den fein säuberlich geführten Ordnern mit Fotos und Ranglisten der vielen Läufe. Da findet man den Berlin-Marathon, mehrere Teilnahmen an den Europameisterschaften der Veteranen im belgischen Brugge, den Veteranen Weltmeisterschaften in Israel und natürlich viele Schweizer Läufe wie Murten-Freiburg, Grand Prix von Bern und weitere. Ihr bestes Resultat realisierte Rosmarie Marti 1987 an der Weltmeisterschaft der Veteranen in Netanya (Israel) mit dem 2. Rang. Gemeinsam mit ihrem Sohn Beat haben Rosmarie und Beat 1989 im Spiegel ein Haus gekauft und später umgebaut. Sohn Beat wohnt im ersten Stock. In der Parterrewohnung von Rosmarie und Beat zeugen viele Pokale, Ehrenurkunden und zwei Medaillenschränke von ihren langjährigen Laufkarrieren. Tochter Monja ist mit dem ehemaligen SCB-Spieler Patrick Howald verheiratet. Beat und Rosmarie Marti freuen sich an den fünf Enkelkindern und verbringen viel Zeit mit ihnen und den beiden Familien.

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