Fernsteuerung statt Lenkrad

Fernsteuerung statt Lenkrad

Es gibt Abrieb, Boxengassen, Mechaniker und den Bezingeruch. Was die Rennen für Modellautos unterscheidet ist einzig, dass der Fahrer von einem Podest aus steuert. Leidenschaft und Konzentration hingegen sind identisch, das spürt man im Gespräch mit dem Star der Szene.

Als Patrick Fankhausers Modell Xray NT1 als Gesamtsieger an den Schweizermeisterschaften der Kategorie «Verbrenner 1/10 Tourenwagen» (V10TR) über die Ziellinie raste, war das keine Überraschung. Nach vier von fünf Rennen auf verschiedenen Strecken hatte er bereits am meisten Punkte gesammelt. Er konnte den letzten Finallauf gelassen angehen, der Titelverteidigung stand nichts mehr im Weg.

Tanken und nochmals tanken
Wobei «gelassen» für die Leistung während eines 45-minütigen Rennens doch eine masslose Untertreibung ist. «Alle vier, fünf Minuten ist der Tank leer und die Mechaniker müssen das Auto betanken. Wie in der Formel1 braucht das Erfahrung und muss möglichst schnell erfolgen, damit keine Zeit im Vergleich zu den anderen Fahrern verloren geht», erklärt der gelernte Automechaniker. Die Arbeit in der Boxengasse ist für den Erfolg zentral. Entsprechend meint er: «Die wichtigste Person ist meine Frau, die während des Rennens meine Mechanikerin ist und alle Aufgaben in der Boxengasse übernimmt: vom Auftanken des Autos über den Wechsel verschlissener Reifen bis hin zu Einstellungen am Auto und dem Motor», sagt er und kann seine Freude nicht verbergen. «Sues Hilfe ist unbezahlbar. Für mich ist es deshalb so ein tolles Hobby, weil wir als Team agieren und gemeinsam Erfolge feiern.»
Familiensache
Damit die Absprachen der beiden reibungslos funktionieren, ist er als Fahrer während des Rennens per Funk in steter Verbindung mit ihr. Auf einem Fahrer-Podest, um die ganze Strecke zu überblicken, steht er dann Schulter an Schulter mit seinen Gegnern. Manchmal auch neben seinem Vater. «Er betreibt dieses Hobby bereits seit 1981. Natürlich faszinierte es mich schon früh. Mit elf Jahren durfte ich die ersten Rennen mit meinem ersten Auto fahren», erinnert sich der 30-Jährige. «Mein Vater hatte aber alle Hände voll zu tun. Ich beging so viele Fahrfehler, dass er mein Auto ständig reparieren musste», lacht der Schweizermeister. Der Fankhauser-Tross ist ein begeisterter. Das freut auch die Gegner, da ist eine ganze Familie Botschafter für einen etwas anderen Rennsport und erst noch eine, die gerne mal mithilft.

Materialschlacht
Gar nicht so unähnlich wie in der Formel1 ist der intensive Aufwand, den man für seinen Bolliden betreiben muss. Fankhauser baut auf die Marke «Xray». Die Slowaken bieten auch technischen Support. Den grössten Teil der Arbeit, den hat er aber nach wie vor zuhause. Das Auto wird in einem aus vielen Einzelteilen bestehenden Baukasten verkauft. Der saubere Aufbau nimmt mehrere Stunden in Anspruch. Dazu kommen noch Lackierung und Vorbereitung der Karosserie, das Setup oder das Einfahren des neuen Motors. Nach jedem Rennen zerlegt er sein Auto, um es zu reinigen, auf Defekte zu prüfen und wieder vorzubereiten. Wäre der Bollide zehnmal grösser, hätte er die Originalmasse. Lediglich etwas mehr als 1,5 kg schwer ist das Gefährt. «Erreicht ein Personenwagen ungefähr 6000 U/min, so schaffen unsere Motoren 45’000. Durch ein per Fliehkraft gesteuertes 2-Gang-Getriebe erreichen wir Spitzengeschwindigkeiten bis 105 km/h.» Wie bei der Formel1 sind auch hier die Motoren auf maximale Leistung getrimmt und er ein Meister darin, diese auf der Strecke ideal zu nutzen.

Heimliche Freude könnte nun aber bei den Kontrahenten aufkeimen. Die Frau und Mechanikerin von Patrick Fankhauser erwartet ihr erstes Kind und seine Einsätze für die kommende Saison könnten weniger werden. Davon ist aber am letzten Rennen der Schweizermeisterschaften in Sitterdorf nichts zu spüren. Dafür ist der Teamgeist bei der Kategorie V10TR viel zu gut. Man hilft sich aus und freut sich für den anderen. Also doch noch ein Unterschied zum etwas grösseren Formel1-Sport gefunden. Für bevorstehende Europa- und Weltmeisterschaften aber will er wieder bereit sein. Mit einer neuen Generation Fankhauser am Streckenrand.

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