Zu unserem Gespräch zündet Pfarrer Bernhard Neuenschwander eine Kerze an. Bei offenem Fenster jubilieren die Vögel auf dem alten Friedhof. Einen Moment lang ist es still im Raum. Nach Gott gefragt, entgegnet er. «Gott ist das Geheimnis der Gegenwart, die Wachheit für den Augenblick, die Präsenz im Hier und Jetzt.»
Seit 1997 arbeitet Bernhard Neuenschwander als reformierter Pfarrer in Wabern. In Kyoto studierte er den japanischen Zen-Buddhismus. Danach folgte die Promotion zum Doktor in Theologie. Anschliessend war er in Lima, Peru, Dozent für Neues Testament und Griechisch. 1996 gründete er «Ritual Art». Er verdichtet damit auf der Grundlage der christlichen Mystik Zen-Buddhismus, Schamanismus und integrative Psychotherapie zu einer lebendigen Einheit. Mit «Ritual Art» versucht Bernhard Neuenschwander, ein mystisch-gewaltloses und doch kraftvolles Bewusstsein zu fördern, das im Angesicht von Unsicherheit, Leiden und Vergänglichkeit Souveränität, Mitgefühl und Freude vermittelt. Er bietet Ritualanlässe, Psychotherapie, Supervision und Paarberatung an. Auf seiner Website «Ritual Art» schreibt er, dass tägliche Körperübungen, stille Meditation und die Entwicklung der Mystik im eigenen Geigenspiel zu seinem Leben gehören. Der Pfarrer sagt von sich selbst: «Mystik ist mein Lebensthema». Jährlich lädt Bernhard Neuenschwander zu einem Zyklus ein. Dieses Jahr steht das Thema «Gott heute» im Fokus. «In öffentlichen Diskursen spielt Gott heute keine Rolle mehr», meint der Pfarrer. «Ohne heisse Reize bleibt das verwöhnte Publikum kalt. Und Gott ist definitiv keine heisse Sache.» Er möchte deshalb während des Zyklus‘ die traditionelle Botschaft des Christentums in heutigen Kategorien reflektieren und so Tradition und das Heute neu lesen und verstehen. Dazu führt er 2 Podiumsgespräche durch. «Gott in den Medien» lautet der Titel des ersten. Judith Wipfler, leitende Religionsredaktorin bei Radio SRF, wird dazu Red und Antwort stehen. «Gott in der Theologie» heisst das Thema am 2. Podiumsgespräche mit Theologin und Pfarrerin Simone Fopp.
«Vieles, sehr vieles vom Glauben kann philosophisch plausibel gemacht werden», sagt Bernhard Neuenschwander. Daher versucht er jedes Jahr, Religion und Philosophie miteinander zu verbinden. So entstanden «seine» erfolgreichen «Cafés religio-philosophiques». Ihren Ursprung haben diese in Frankreich. Ihr Begründer war Philosoph Marc Sautet (1947-1998). Er traf sich jeweils mit Freunden in einem Café. Sie plauderten dort über philosophische Themen. Andere Cafébesucher gesellten sich dazu, und so entstanden 1992 die ersten «Cafés philosophiques». Sautet wollte mit diesen Veranstaltungen die Philosophie weg von den akademischen Zirkeln hin zu den «gewöhnlichen» Cafébesuchern bringen.
Das Ambiente eines Cafés wird es auch im Kirchgemeindehaus geben: Es gibt kleine Tische, Kaffee und Gipfeli. Die Veranstaltung dauert 2 Stunden. Dieses Jahr hat Neuenschwander den Philosophen und Musiker Claudio Veress eingeladen. Veress wird kurz einen Input zum Thema geben, anschliessend arbeiten die Besucher einen für sie interessanten Aspekt des Themas selbst heraus, das im Plenum dann den roten Faden für die Diskussion weisen wird. Das Typische an diesen Treffen ist, dass die Themen von den Anwesenden selbst ausgewählt werden.
«Die Verbindung von Religion und Philosophie lotet die Möglichkeiten und Grenzen der Rationalität aus», sagt Bernhard Neuenschwander. «Das Christentum hat einen grossen Teil unserer westlichen Kultur geformt und geprägt. Mir geht es nicht um missionieren, sondern ich will Zusammenhänge verstehen.»
Wie Generationenwohnen gelingen kann
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