«Ich kenne keinen Rückwärtsgang»

«Ich kenne keinen Rückwärtsgang»

Der 73-jährige Laszlo Molnar blickt auf eine äusserst erfolgreiche Kampfsportkarriere in verschiedenen Disziplinen zurück. Der gebürtige Ungar trainiert heute noch viermal die Woche und ist für die Jungen ein grosses Vorbild. Mit abgeschlossenem Wirtschaftsstudium und seinem Consulting-Unternehmen ist er auch beruflich erfolgreich.

Mit kraftvollem Händedruck begrüsst mich Laszlo Molnar im Zentrum für Kampfkunst und Gesundheit «Goju Kan» in Bern. Der 73-jährige sieht rund 15 Jahre jünger aus. Sein gestählter Körper ist auch durch seine Kleidung deutlich erkennbar.

«Es ist eindrücklich, dass er mit seinen 73 Jahren immer noch wöchentlich in einer Klasse mittrainiert, in welcher der Al­tersdurchschnitt zwischen 20 und 45 Jahren liegt – und dies mit der gleichen Trainingsintensität wie alle übrigen Teilnehmenden», sagt sein Freund und Coach Erik Golowin, Karatelehrer und Inhaber des «Goju Kan». Laszlo Molnar trainiert seit 16 Jahren im Goju Kan. Er hat im Karate den 2. DAN und den Namen «Sempai», Erik Golowin hat den 6. DAN und den Namen «Sensei».

Flucht aus Ungarn
Bis zu seinem 10. Altersjahr lebte Laszlo Molnar mit seinen Eltern in Budapest. Als im Oktober 1956 die bürgerlich-demokratische Revolution in Ungarn ausbrach, entschied sich sein Vater, mit der Familie zu flüchten. Er war damals eine bekannte Persönlichkeit – einerseits wegen seiner beruflichen Stellung, andererseits als Sportler. Als Heizungs- und Sanitäringenieur leitete er ein grosses Unternehmen. Im Boxen war er zweifacher Landesmeister im Leichtgewicht. Politiker wollten ihn zwingen, als Aushängeschild in die Regierungspartei einzutreten. Dagegen hat er sich vehement gewehrt, weshalb er auf der berüchtigten «schwarzen Liste» war und Gefahr lief, deportiert zu werden. «Im November, mitten im kalten Winter flüchteten wir. Viele Ungarn wurden gefasst und gerieten auf der Flucht in Gefangenschaft, wurden deportiert und auch erschossen. Dies wollte mein Vater verhindern. Deshalb marschierten wir nachts 56 Kilometer durch die Felder. Als 10-jähriger Junge hatte ich natürlich grosse Angst», schildert Laszlo Molnar das prägende Erlebnis. Die österreichische Grenzwache hat die Familie dann aufgegriffen und in Sicherheit gebracht. Im März 1957 kam die Familie nach Bern.

Vater als Vorbild
Bereits als der Ueberstorfer 2 Jahre alt war, übte sein Vater auf spielerische Art das Boxen mit ihm. «In Bern brachte mich mein Vater in den Boxkeller von Trainerlegende Charly Bühler. Wegen meines Jähzorns wurde ich nach kurzer Zeit vom Training ausgeschlossen», erzählt Molnar. Während 10 Jahren, bis zum 20. Altersjahr, hat er dann beim Fechtclub Bern erfolgreich gefochten. Nach rund 3-jährigem Militärdienst begann er mit Karate im Karate Club Bern. In den folgenden 34 Jahren lernte er «Shotokan-Karate», den weltweit verbreitetsten Stil. «Mein Grossmeister war der Japaner Tsutomu Oshima. Unter seiner Leitung habe ich die Schwarzgurtprüfung abgelegt. Dort hat er auch über viele Jahre den Nachwuchs trainiert. Da im Karate der Schlag kontrolliert wird, um keine ernsthafte Trefferwirkung zu erzielen und so den Niederschlag des Gegners zu vermeiden, fing ich mit 29 Jahren mit Kickboxen an. In dieser Sportart kämpfte ich im Halbschwergewicht 6 Jahre lang nach Vollkontakt-Regeln. Nach 30 Jahren habe ich mit Kickboxen aufgehört, bin aber dem Karate treu geblieben.» Laszlo Molnar lernte Andy Hug, den mehrfachen Schweizer Kickbox Europa- und Weltmeister im K-1-Kickboxen kennen, als dieser Gast im «Goju Kan» war. Dort lernte Molnar den Karatestil «Goju Ryu» (Schule der harten und der weichen Kraft). «Laszlo ist nicht nur in Bezug auf sein Alter Vorbild für die Jungen, sondern er lebt es ihnen auch vor, wie Kampfsport, Trainingsfleiss und Disziplin den Charakter stärken, die Selbstsicherheit fördern und den zwischenmenschlichen Austausch bereichern können», so Erik Golowin. Laszlo Molnar verfügt über ein grosses sportliches Palmarés, den er hier jedoch nicht ausbreiten will.
«Bei all meinen Kampfsportarten habe ich stets voll auf Angriff gekämpft. Da kenne ich keinen Rückwärtsgang» betont der 73-Jährige. Neben Karate hat er auch intensiv Krafttraining betrieben. «Du musst den Körper schleifen wie ein Messer, um im Kampf zu bestehen. Bist du konditionell zu schwach, wirkt sich dies auf die Atmung und Konzentration aus und du hast schon verloren. Zudem ist man verletzungsanfälliger», betont der Kampfsportler. Zuweilen habe er das Training schon etwas übertrieben, gibt er zu. Kollegen hätten ihm früher gesagt, wenn er weiter so intensiv Krafttraining betreibe, sei er mit 50 Jahren im Rollstuhl. Mit 65 Jahren kamen dann erste Beschwerden im Rücken und im Knie. «Erik Golowin gab mir hilfreiche Tipps, wie ich besser auf meinen Körper achten kann und wie ich das Training umstellen soll. Heute trainiere ich einmal wöchentlich Karate, einmal Krafttraining und schwimme zweimal 2,5 Kilometer. Dieses Pensum ist für mich optimal und ich bin beschwerdefrei – hoffentlich noch lange.»

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