«Ich sehe nichts als selbstverständlich an»

«Ich sehe nichts als selbstverständlich an»

or zwei Jahren verwirklichte Sängerin Rosetta Bachofner ihren Traum und startete die Ausbildung zur Filmkomponistin. Mit einem Beitrag unterstützte die «Könizer Zeitung | Der Sensetaler» die talentierte junge Frau, die nötigen Studiengebühren zu beschaffen. Nun hat sie für ihre erste grosse Drama-Serie komponiert.

«Der Start war holprig, aber es war das Beste, was mir je passiert ist. Ich bereue nichts», erzählt Rosetta Bachofner und muss lachen. Herzlich und warm. So könnte man wohl nicht nur ihr Lachen, sondern auch sie selbst beschreiben. Und würde ihr damit nur halb gerecht werden, denn da ist noch mehr, viel mehr: Kraft, Mut, bestechende Offenheit und ein enorm starker Wille. Die Könizerin ist eine Wundertüte und blickt aktuell mit Staunen und Stolz auf die letzten zweieinhalb Jahre zurück. Mit ihrer Geschichte will sie andere Menschen ermutigen, an ihre Träume und die nötige Portion Glück zu glauben. Ein ganzes Jahr verbrachte sie in Bulgarien an der «Film Scoring Academy of Europe», um «Music for Motion Pictures and Contemporary Media» zu studieren. Als einzige Frau des Studiengangs, ausgewählt unter unzähligen jungen Talenten weltweit.

Der holprige Start, wie ihn Bachofner beschreibt, begann bereits mit der Suche nach einem Studienplatz. Mit Bestnoten frisch von der Hochschule der Künste Bern, an der sie Jazz studiert hatte, tat sich der jungen Sängerin eine Welt voller Möglichkeiten auf. Mit ihrem musikalischen Talent hätte sie, ausgewählt unter Hunderten, in New York studieren können. Doch der Blick aufs Konto liess den Traum platzen wie eine schillernde Seifenblase: Die Studiengebühren waren astronomisch. Sie sagte ab, gab aber die Hoffnung nicht auf. Aus einer Laune heraus schickte sie ihre Kompositionen an die «Film Scoring Academy of Europe». «Ich hatte von Filmkomposition keine grosse Ahnung, ich war Jazzsängerin», erinnert sich Rosetta Bachofner. Zwei Tage nach ihrer Bewerbung meldete sich Andy Hill, ehemaliger Musical Director bei Disney und mitverantwortlich für die Musik bei Filmen wie «Der König der Löwen» oder «Die Schöne und das Biest». Mit der Zusage kam Vorfreude – und die Rechnung. Die junge Frau war entschlossen: «Ab da war alles purer Wille und das Gefühl, das könnte etwas werden, wenn es gut geht.» Sie klaubte jeden Rappen zusammen, den sie mit ihren vier Jobs verdiente. Ihre Mutter, seit Jahren bei Denner als Verkäuferin, machte Werbung für ihre Tochter und unterstützte sie, wo es nur ging. Die beiden hatten bereits anderes gemeinsam gemeistert, da sollte ihnen auch das gelingen. Private Spenden, unter anderem nach einem Bericht in dieser Zeitung, und Stipendien machten es schliesslich möglich. Bachofner erinnert sich an jede Minute des Abreisetages. Mit zwei Koffern und Herzklopfen stieg sie in Bulgarien aus dem Flugzeug, bereit für das Abenteuer ihres Lebens.

Der Druck war gross. «Als einzige Frau musste ich mich beweisen und es dauerte, bis ich akzeptiert wurde», erinnert sich die 27-Jährige. Auch an den Umgangston musste sie sich erst gewöhnen. Fachlich nicht so wie erwartet? Gerade nicht gut drauf? Um den heissen Brei geredet wurde nie, Kritik kam direkt. Aber sie biss sich durch, überzeugte durch ihr Auftreten, ihre Persönlichkeit und ihren Stil. Als Jazzsängerin war sie Exotin, konnte aber ihren Mitstudenten auch viel Know-how in Improvisation weitergeben – für diese oft Neuland. Die Akzeptanz kam, die Mitmusiker und die namhaften Dozenten an der Academy wurden zur zweiten Familie. Heute ist Bachofner Mentorin für aktuelle Studenten und hält den Kontakt mit ihren über den ganzen Globus verteilten neu gewonnenen Freunden. Der Studiengang endete im November 2020, doch wegen der Pandemie steht das grosse Finale, Studioaufnahmen mit zwei über 100-köpfigen Orchestern, noch aus. Die Vorfreude auf das Familientreffen ist riesig.

Die geknüpften Kontakte halten, was sich daraus ergibt, ist noch offen. Erste Aufträge konnte sie schon ergattern. Einen Namen hat sich Rosetta Bachofner in der Szene bereits gemacht. Aktuell arbeitet sie an drei grösseren Projekten gleichzeitig. Für die sechsteilige Drama-Serie «The Ballad of Lucy Sands» ist sie «Music Director» und als «Composer» verantwortlich für die emotional-musikalische Ebene der gesamten Serie. Der Regisseur schickt ihr jeweils die Szenen in Rohversion und einige Anregungen, «danach muss ich mich reinfühlen». Etwas, was Bachofner so gut gelingt, dass sie bereits für die nächste Zusammenarbeit engagiert wurde. Auch in der Schweiz stehen neue Projekte an, wie der Kurzfilm «Apate» von Nicolas Beyeler und Niklas Burn. Dazu flattern immer mehr Anfragen für Auftragskompositionen ins Haus. «Ich hoffe sehr, dass ich irgendwann von Filmkompositionen leben kann», träumt die Musikerin. Also auf nach London oder gar Hollywood? Unmöglich ist wohl nichts. Eilig hat sie es nicht und sie geht, wohin das Herz sie führt, und macht, was sie am besten kann. Menschen mit ihrer Musik berühren.

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