Kurt Furgler? Marie-Therese Nadig? Kofi Annan?

Kurt Furgler? Marie-Therese Nadig? Kofi Annan?

Eine kleine Lebensweisheit: Alles zu seiner Zeit…

Kürzlich war ich auf einer grösseren Gruppenreise mit Deutschschweizern unterwegs. Zeit und Ort unwichtig, die folgenden Intermezzi kommen vermutlich überall vor. Öppis hingegen ist erwähnenswert, wie mir scheint, nämlich der Umstand, dass fast alle Rentner waren, wie auch ich. Zum Teil zu zweit, zum Teil als kleine Gruppen.

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Check-in bei der Hotelrezeption. Einer mag nun gar nicht länger warten, Typ Oberst im Gst a.D., hat keine Lust an der nicht einmal so langen Schlange anzustehen. Motzt vor sich hin, von wegen schlechter Organisation und dass er alles anders machen würde – er wisse schon, wie. Viele Mitreisende schütteln den Kopf, lassen ihn jedoch gewähren. Schtürmi. Wir alle sollten diesen Holzkopf noch einige Male erleben. Seine mitgereiste Partnerin konnte einem nur noch leid tun.

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Als ich im Zimmer fertig eingeräumt habe, gehe ich wie abgemacht nach ungefähr einer halben Stunde husch zur Reiseleiterin, die ich von früher her kenne. Die ehemalige Kollegin hat inzwischen aber auf Vollbeschäftigung geschaltet. Einer hat bereits seinen Code für den Safe vergessen, ein anderer vermisst seine Kappe, ein weiterer möchte das Zimmer wechseln. Und, und, und…

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Am Nachmittag geht es auf Stadtrundgang, gegen 60 Leute, die sich in vier Gruppen aufteilen sollten. Mon Dieu, quelle comédie! Bei einer Gruppe stehen ungefähr 25 Leute zum Abmarsch bereit, die Stadtführerinnen bitten zur Aufteilung à jeweils 15 Touris. Vereinzelte kommen dem Anliegen nach, so dass die Gäste jetzt die technischen Instruktionen für die drahtlosen Vox-Empfänger erklärt erhalten. Unser Holzkopf meldet sich sofort zu Wort, weil er nichts im Ohrpfropfen mitbekommt. Kann er gar nicht, es wird zuerst offline und live erklärt, welchen Kanal man einzustellen hat. «Ich höre noch immer nichts», wiederholt er sich. Liegt daran, dass er die kleine Kiste gar nicht eingestellt hat. Realsatire pur.

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Dann aber geht es z’Grächtem los. «Stellen Sie das Gerät an, drücken auf den kleinen Knopf auf der linken Seite, dann leuchten die Zahlen rot auf», kommt als erster Hinweis. «Hier hat es keinen Knopf auf der linken Seite!», ruft einer lautstark, der das Kästchen falsch herum am Hals hängen hat. «Und jetzt schalten Sie Kanal 4 ein», sagt Annette, unsere Führerin. «Das geht nicht», schreit ein anderer. (Übrigens, liebe Lesende, es ist kein Zufall, dass in dieser Story nur Herren erwähnt werden…). «Stellen Sie das Gerät ein, bis es rot aufleuchtet, das machen Sie, indem Sie den Knopf auf der Seite drücken.» Annette erwähnt wohl absichtlich nicht mehr links und rechts. «Dann leuchtet automatisch die 1 auf. Nun drücken Sie, bis die 4 aufleuchtet.» 

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Nach gefühlten 5 Minuten und einigen Zwischenrufen sind alle parat. Bis auf den Holzkopf. Der findet die 4 nicht, ein anderer Reisender hilft ihm in seiner schwierigen Lebenssituation. «Und nun sollten Sie mich hören, wenn Sie den Knopf ins Ohr drücken.» Knopf? Was für ein Knopf denn? Angelika hat aus Erfahrung einige Kabel mit Ohrstöpseln in ihrer Tasche, so dass wir endlich loszotteln können, in kleineren und grösseren Gruppen. In der Stadt Volk, Volk, Volk, so dass es nicht erstaunen kann, dass einige Schweizer den Anschluss verlieren. Henusode – zum Znacht scheinen alle wieder da.

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Zwei Sachen sind mir während dieser Reise wieder einmal aufgefallen. Wieso haben derart viele Schweizerinnen und Schweizer im Ausland ständig zu reklamieren? Mal ist es das Essen, das nicht schmeckt, mal die Eintrittspreise für Museen oder Attraktionen, mal die Einheimischen, die kein Deutsch sprechen, mal ist es das Wetter. Ich könnte die Liste hier ad absurdum ad infinitum verlängern, will Sie aber nicht langweilen. Weshalb bleiben diese Leute nicht ganz einfach zuhause? Weil sie sich dann nicht beim Reiseveranstalter beschweren können – in der Hoffnung, eine Teilrückerstattung zu erhalten? Ich habe in zwei Fällen gefragt, bekam aber nur blöde Antworten. Sygseso.

Und dann – aber hier nehme ich mich selber zünftig an der Nase und gelobe Besserung: Meine Herren, glauben Sie wirklich einen Teen oder Twen – zum Beispiel Hotelangestellte – würde es interessieren oder gar imponieren, wenn Sie aus Ihrem Leben erzählen, aus einer Vergangenheit, die möglicherweise 50 Jahre zurückliegt? Von Ihren Erfolgen im Geschäftsleben, was Sie alles erreicht und bewegt haben? Was heute im Vergleich zu früher falsch läuft? Nein, wir langweilen die jüngere Generation nur (war es bei uns in den 60ern nicht auch so, wenn die Älteren erzählt haben?). Weil die Leute nicht wissen, wer Kurt Furgler war, Marie-Therese Nadig, Kofi Annan – oder wofür ein Telex gebracht wurde. Die Kuba-Krise, die DDR, was war denn das, der Kalte Krieg? Oder wissen Sie zum Beispiel, wofür BTS steht? Wer Bella Thorne ist? Na also.

Wie gesagt, ich werde versuchen, mich an meine eigenen Empfehlungen zu halten.

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