«Leider müssen wir Ihren Kommentar ablehnen»

«Leider müssen wir Ihren Kommentar ablehnen»

Als allgemein interessierter Rentner hat man(n) ja Zeit, den einen oder anderen Online-Kommentar bei den Medien zu verfassen. Ich versuche (...), mich an die Regeln zu halten, darf also nicht ausfällig werden oder Beleidigungen in die Tasten hauen, sollte immer beim Thema bleiben. Ich habe im Laufe der Jahre auch kapiert, dass man auf Beiträge von Medienschaffenden nicht mit kritischen Fragen reagieren sollte. Diese Kommentare werden praktisch ausnahmslos abgelehnt. Weil beleidigend? Ich weiss es nicht.

Abgelehnt werden bei einem grossen Verlag, der auch im Kanton Bern Tageszeitungen veröffentlicht, ebenso grundsätzlich Kommentare, die sich gegen Gender-Sternchen, umgetaufte Lebensmittel oder übertriebene Wokeness richten. Und nein – das ist nicht bloss meine Erfahrung. Einige Kolleginnen und Kollegen, die ähnlich wie ich ticken, erzählen das Gleiche. Aus die Maus. Zeit also für den Gang in die Höhle des Löwen (politisch korrekt wäre es hier vermutlich, auch die Löwin zu erwähnen). Heisst: Mailanfrage an den Chefredaktor, in diesem Fall eben der Löwe. Das gebietet die Fairness und der Anstand.

Ich erkläre mich, im Sinne des soeben hier Geschriebenen, frage, ob er mir das noch grösste Geheimnis der Menschheit lüften kann. Und mir seit längerer Zeit auffällt, dass ein gewisser Thomas L. beim Verlag sozusagen in Freilandhaltung lebt und Narrenfreiheit geniesst. Obwohl er in einem Radiointerview behauptete, es gehe ihm immer nur um die Sache, er werde nie persönlich, beweist er regelmässig das Gegenteil. Es ist auch penetrant, wie er andere Kommentarschreiber belehrt, vielfach mit einer Paragraphenaufzählung sondergleichen und dem – wichtigen – Hinweis, was für ein versierter Jurist er ist/war. Der Mann steht unter Denkmalschutz. Versucht man ihm dann anständig auf einen belehrenden Kommentar zu antworten, kommt immer der gleiche Spruch der Online-Richter. Nur einmal dürfen Sie raten welcher. Genau. Kürzlich hat nun dieser Allesbesserwissende in einem Kommentar geschrieben, man brauche nur zu «guugeln», um den Sachverhalt zu verstehen. Aha. Ich habe ihm dann nur in einem Wort antworten wollen. «Guugeln?» Hier die Antwort der Kammerjäger, gekürzt: «Vielen Dank für Ihren Kommentar. Leider müssen wir Ihnen jedoch mitteilen, dass Ihr Kommentar nicht veröffentlich werden kann. Um einen angenehmen, sachlichen und fairen Umgang miteinander zu gewährleisten, publizieren wir keine Beiträge, die sich im Ton vergreifen. Dazu gehört die Verwendung von polemischen und beleidigenden Ausdrücken. Ebenso persönliche Angriffe auf andere Diskussionsteilnehmer.» Soll das verstehen, wer will.

Liegt es vielleicht gar daran, dass der besagte Schreiber nach einem Gau beim Verlag – Vorwürfe von Sexismus und Rassismus durch einen Chefredaktor, der aber mit meinem Korrespondenzpartner nicht identisch ist – sich zur Feststellung hinreissen lässt, «dass der Ruf der Zeitung darunter nicht leidet»? Interessant übrigens war bei diesem Bericht – und einer sofortigen Gegendarstellung des Verlags – dass man auf Leserkommentare nicht antworten und deshalb auch nicht die Anzahl von «Daumen hoch» oder «Daumen runter» erfahren konnte. Ich fand das seltsam, aber das war bestimmt nur Zufall, durch eine technische Störung verursacht. 

Wie auch immer, zurück zur Mail: Die Antwort des Chefredaktors kommt umgehend: «Danke für den Hinweis. Wir finden unter Ihrer Adresse keinen Blocker, d.h. Beiträge wurden freigeschaltet, der Kommentar zu André S. wird auch grad freigeschaltet – ich sehe hier kein Hindernis.»  Womit wir zwei Lichter aufgehen: Zum einen gibt es (vermutlich zu Recht) Schreibende, die auf der Schwarzen Liste stehen. Zum anderen ist es interessant, dass ein vorerst abgelehnter Beitrag erst Tage später freigeschaltet wird, wenn der Artikel längst in der Versenkung verschwunden ist, denn bekanntlich gibt es nichts Älteres als die News vom Vortag. Zu Thomas L. übrigens kein Wort.

Um den bereits angesprochenen «sachlichen Ton, um einen angenehmen, sachlichen und fairen Umgang miteinander zu gewährleisten, publizieren wir keine Beiträge, die sich im Ton vergreifen» geht es zum Schluss. Sie erinnern sich: Im Februar gab es dieses verheerende Erdbeben im Grenzgebiet der Türkei und Syrien. Viele europäische Länder delegierten umgehend Katastrophenhelfer in die Türkei, ohne Rücksicht auf politische Befindlichkeiten. Ich schreibe dazu: «Hoffentlich erinnert sich Herr Erdogan daran, wie ihm die Europäer helfen.» Sie ahnen es: Kommentar abgelehnt. Ich frage ein allerletztes Mal beim Chefredaktor nach, was ich jetzt wieder falsch gemacht hätte. Keine Antwort, aber Minuten später wird mein Satz veröffentlicht.

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