«Meine Perfektion steht mir manchmal im Weg»

«Meine Perfektion steht mir manchmal im Weg»

Im August wurde Tabea Noemi Häni aus Schönenbühl bei Kriechenwil von der Interessengemeinschaft Wangental (IGW) der 6. IGW-Award für ihren überdurchschnittlich erfolgreichen Lehrabschluss als Fachfrau Gesundheit EFZ verliehen. Doch das Bild der zierlichen, jungen Frau trügt. Neben ihrem Pflegeberuf hat sie noch ganz andere Fähigkeiten und Interessen: Sie spielt bei der Hornussergesellschaft Kriechenwil, schraubt gerne an Autos und Töfflis und bringt sie wieder in Schuss.

Die 18-Jährige hat ihre Lehre bei der Spitex Region Köniz AG absolviert. Ihre Lehrabschlussnoten lassen sich sehen: Gesamtnote 5,3 und in der praktischen Prüfung gar eine 5,8. «Manchmal steht mir mein Hang zur Perfektion im Weg. Das setzt mich dann unter Zeitdruck und macht mich nervös, insbesondere an Prüfungen», gesteht sie mit sympathischem Lächeln. Bei der ersten Begegnung mit ihr würde man kaum auf den Gedanken kommen, dass sich die zierliche Frau beim Hornussen engagiert und sich mit dem Instandstellen von Autos und Töfflis beschäftigt.

Landleben
Der Weiler Schönenbühl liegt rund 500 Meter entfernt von der Kantonsgrenze zu Freiburg. Im Bauernhaus von Hänis wohnen drei Generationen. Im Parterre die Grosseltern, im ersten Stock die Eltern mit Tabea und deren vier Geschwistern. Die Mutter ist Hausfrau und diplomierte Pflegefachfrau, der Vater arbeitet als Zimmermann und Bauer. Tabea ist verantwortlich für die Hühner und hilft im Stall. Zudem hat sie einen engen Bezug zu den Galloway-Kühen im Stall nebenan. «Jede von ihnen hat ihren eigenen Charakter. Wenn wir zusammen mit dem Bruder und dem Vater die Kälber an draussen gewöhnen, drängen sie hinaus und sind kaum zu halten. Das mache ich sehr gerne», so Tabea. «Vor ein paar Jahren warf eine Kuh Zwillinge. Fünf Wochen zu früh. Der Tierarzt sagte, dass das Zweite es nicht überleben werde. Da habe ich abwechselnd mit den Geschwistern im Stall neben ihm geschlafen, um ihm zusätzlich Wärme zu geben. Das Kälbchen hat dann doch überlebt. Das sind Erlebnisse, die einen prägen und die man nur auf dem Bauernhof macht», erzählt Tabea Häni begeistert.

Hornussen
Das Klubhaus der Hornussergesellschaft Kriechenwil mit dem Bockstand liegt 200 Meter entfernt vom Hänis Bauernhaus. «Ursprünglich wollte ich andere Sportarten ausüben. Dies kam jedoch aus finanziellen Gründen und wegen den entfernten Trainingsorten und vielen Trainings nicht in Frage», erklärt Häni. In der 3. Klasse ist sie mit dem Hornussen in Berührung gekommen. Mit 14 Jahren begann sie, den Sport ernsthaft auszuüben. Beim Hornussen ist jedes Mannschaftsmitglied mit «Schlagen» wie auch mit «Abtun» im Einsatz. Während vier Jahren war sie die einzige Frau in dieser männerdominierten Sportart. Mittlerweile sind weitere Frauen hinzugekommen. Tabea Häni ist beim Klub die Fahnenträgerin. «Es ist mir eine besondere Ehre, bei Umzügen und Ehrungen mit der Fahne den Klub zu repräsentieren. Hornussen ist ‹henne cool›. Man ist in einer verschworenen Gemeinschaft, pflegt Kameradschaft und Geselligkeit und kommt durch die Wettkämpfe viel in der Schweiz herum», erklärt sie.

Schrauben an Töfflis und Autos
«Bei uns auf dem Hof sind schon immer Autos und Töfflis herumgestanden. Mein Vater repariert zwischendurch auch die eigenen Landmaschinen. Auch mein Bruder hat an Töfflis herumgeschraubt. Von ihnen habe ich wohl die Affinität zum Mechanischen übernommen», sagt Häni. Sie besitzt einen alten Toyota Starlet, Jahrgang 1992, eigentlich schon Veteran, an dem es immer etwas zu tun gebe. Sei es den Einbau eines neuen Autoradios mit Bluetooth-Funktion, dem Einbau eines neuen Kühlers, die Rostbehandlung an der Karosserie oder den Service mit Ölwechsel und dem Wechsel der Zündkerzen und Radwechsel. Dabei konnte sie sich bei Bedarf die Hilfe und Ratschläge beim Vater und Bruder holen. «An den alten Autos kann man noch selber Hand anlegen. Bei den neuen Fahrzeugen und den E-Autos liegt das nicht mehr drin». Ihr blaues Töffli der Marke Puch Maxi hat sie mit vielen Chromteilen liebevoll veredelt. «Auf einer meiner vielen Töfflitouren durch die Schweiz hat mir ein Autofahrer dafür 3000 Franken geboten. Das gebe ich aber um keinen Preis der Welt her.» sagt sie bestimmt. Zum Teil mit Hilfe ihres Bruders revidiert sie Motoren von Piaggo und Puch, bringt sie wieder zum Laufen und veräussert sie. So hat sie bereits eine junge Stammkundschaft, die ihre Fachkenntnisse beanspruchen. «Bevor ich aber einen Motor revidieren kann, muss ich zuerst das Geld ansparen für die Ersatzteile.»

Klare Ziele
Tabea Häni arbeitet bis Ende Januar 2024 noch bei der Spitex Region Köniz AG. Im Februar bereist sie zusammen mit einer Berufsschulkollegin in einer geführten Reise Tansania und Sansibar. Ab März beginnt sie die verkürzte Höhere Fachschule als diplomierte Pflegefachfrau. Nach Abschluss der Ausbildung will sie zusammen mit ihrem Freund auf eine Weltreise. Anschliessend möchte sie heiraten und eine Familie gründen. «Denn ich bin ein Familienmensch. Meinen Eltern, Grosseltern und meinem Freund danke ich an dieser Stelle herzlich. Sie haben mich in allen Vorhaben und während meiner Ausbildung immer unterstützt.»

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