Nach «Vreneli ab em Guggisberg» (2015) und «Blütenträume» (2016) führt die Bühne Schwarzenburg dieses Jahr «Geierwally» im Freilichttheater im Than auf.
Textproben im Schloss
Das abendliche Sonnenlicht flutet den Wappensaal von Schloss Schwarzenburg. Am offenen Fenster sitzen Martina Brönnimann (Geierwally), Martin Zürcher (Vinzenz) und die Regieassistentin Dominique Hähni. Konzentriert arbeiten sie an ihrem Text. Der wirkt in dieser Atmosphäre besonders eindrucksvoll. Ausschnitte aus dem Dialog zwischen Vinzenz und Geierwally: «Wally, du gsesch us wiene Chünigin u ersch no so wunderschön.» – «Ah, hör doch uf lafere. Was gits Nöis i dr Wält?» – «Z’Tanzfescht zu Peter u Paul uf mim Hof…, mir chönnte zäme tanze.» – «I ga nume mit däm Ma z’Tanz, woni wott hürate!» – «Dänk a ds Teschtamänt vo dim Vater, Wally! We du mi nid innert emene Jahr hüratisch, verlürsch dr Hof…»
Tiroler Heimatgeschichte
«Ich mag keine Mädchen, die so sind wie Männer», dieser Auffassung ist Joseph und stösst dabei Wally, die schon ewig in ihn verliebt ist, vor den Kopf. Denn eigentlich wären sie wie füreinander gemacht: der eigensinnige Jäger Josef und die tollkühne Wally, die ständig von ihrem Geier, den sie grossgezogen hat, begleitet wird. Vater Steiner möchte sein einziges Kind mit dem reichen Nachbarn Vinzenz verheiratet sehen. Mit Gewalt durchkreuzt Geierwally seine Pläne. Aus dem Vaterhaus verstossen, lebt sie auf dem Oberjoch und wird so hart wie die Berge und Gletscher, denen sie trotzen muss. Sie widersetzt sich nicht nur ihrem Vater, sondern allen Klischees und gängigen Frauenbildern.
Regie und Stückentwicklung stammen von Eva Mann. Die studierte Schauspielerin ist mehrsprachig aufgewachsen und hat neben der Schweiz auch in Deutschland, England, Amerika und Russland inszeniert. Ihr besonderes Interesse gilt dem Austausch von Texten und Konzepten zwischen europäischer Theatertradition und dem jiddischen Theater. Vor ihrer Regieausbildung studierte Eva Mann Germanistik, Philosophie und Altertumswissenschaften. Laurenz Suter hat das Stück ins Berndeutsche übersetzt.
Freilichttheater im Than
Das von hohen Thujas umgebene Freilichttheater eignet sich hervorragend für Freilichtaufführungen. Abgeschottet gegen äussere Einflüsse, zieht die Handlung das Publikum in einen einzigartigen Bann. «Dieses Jahr stellten uns die verschiedenen Handlungsorte vor eine besondere Herausforderung», erklärt Rosmarie Keller, Mitglied des Produktionsteams. Das Oberjoch, Geierwallys Berg, wirkt durch aufeinandergestapelte Paletten sehr hoch und abgeschieden.
«Mönsche sy nüt für mi u i bi nid für d’Mönsche gmacht». Zu diesem Schluss gelangt Geierwally nach intensivem Nachdenken. Das Stück «Geierwally» hingegen ist ganz sicher für Menschen gemacht, und nicht nur für Theaterfans…