Sie singen über Feriengefühle und verlorene «Nuschis», Lieblingsspielzeuge und Tage, an denen man entweder einfach nicht mag oder sich am liebsten im Pyjama einkuschelt. Übers Fliegen, Essen und Gernhaben. Jedes Lied eine kleine Perle, aus dem alltäglichem Kinderleben gefischt, poliert und in vielfältige Melodien eingehüllt. Bluesige Töne wechseln mit Pop- und Jazzklängen, Bossa und Volksmusik haben genauso ihren Platz wie trashigere Noten. Das zweite Album der Band Badwannepirate ist vielseitiger und runder als der Erstling. Die überschäumende Spielfreude ist jedoch dieselbe geblieben.
Kinderlieder auch für Grosse
Seit 2018 segeln die Badwannepirate durch die Konzertlokale, mal stürmisch wild, mal ruhig und sanft. Hauptsache immer etwas rebellisch, wie Simone Schranz und Jacqueline Bernard erzählen. Die beiden Musiker-
innen nahmen sich damals vor, Kinderlieder einzuspielen, die auf Berndeutsch funktionieren und auch den Erwachsenen nicht so schnell verleidet sein sollten. Die Idee fand Anklang, es fanden sich Musiker, die mit viel Herz in das Projekt einstiegen, das Resultat begeisterte und es bildete sich rasch eine kleine Fangemeinde.
Für die Könizerinnen Schranz und Bernard, die auch mit dem Frauentrio siJamais durch die Schweizer Kleintheater touren, ein voller Erfolg. Dass nach dem ersten Album vor vier Jahren nun ein zweites erschienen ist, war nicht unbedingt geplant. Zu verdanken ist «No meh Chinderlieder» unter anderem dem Lockdown während der Pandemie. «Wir hatten das Bedürfnis, uns kreativ auszuleben, was auf der Bühne ja nicht mehr möglich war», erzählen die beiden Profimusikerinnen. So haben beide das gemacht, was während dem verordneten kulturellen Stillstand möglich war: Songs geschrieben, eingespielt und aufgenommen. Die fertige CD kommt nun fast als kleines Gesamtkunstwerk daher, ein Minibuch voller Songtexte und fantasievoller Illustrationen von Emanuel Baumann.
Experimentierfreude
Mit den neuen Geschichten und Liedern zeigen Simone Schranz und Jacqueline Bernard ein weiteres Mal ein sehr feinfühliges Gespür für die Welt der Kinder. Sorgen, Alltagsthemen und Wünsche wirken vertraut und sind liebevoll zu verständlichen Textzeilen geflochten. Stilistisch zeigen die beiden Musikerinnen grosse Experimentierfreude und beeindruckend breites Können.
Hier liegt eine grosse Stärke der vier Piratinnen und Piraten. Die Kompositionen sind zwar von Jacqueline Bernard und Simone Schranz, die musikalische Umsetzung hingegen entstand in engem Austausch mit den Bandkollegen Simon Vögeli und Christof Jaussi. «Wir sind als Band zusammengewachsen. Wir haben Spass daran, zu viert Musik zu machen!», erzählt Jacqueline Bernard.
Live in familiärer Atmosphäre
Diese Freude am gemeinsamen Musikmachen zündet auch bei den Liveauftritten, das Publikum – ob Gross oder Klein – ist schnell an Bord. Es sei berührend, wenn die Kinder die Lieder mitsingen können und mit so viel Begeisterung dabei seien. In der familiären Atmosphäre von Kleintheatern sind so immer wieder magische Momente möglich. Auch für die Eltern. «Wir sind frisch, wir holen auch die Erwachsenen ab», ist sich Jacqueline Bernard sicher und betont: «Unsere Lieder sind eingängig, aber nicht banal. Man darf Kinder auch etwas fordern.»
Auf der aktuellen Tour werden die vier Profimusikerinnen und -musiker ab und zu von einem Kinderchor begleitet, auch auf der CD sind Kinderstimmen Teil des Konzepts. Für die jungen Sängerinnen und Sänger ist das eine grossartige Chance, erstmals Bühnenluft zu schnuppern und hautnah mitzuerleben, was an einem Konzert alles an Arbeit vor und hinter den Kulissen anfällt.
Auch Schulkonzerte
Der Austausch mit Kindern ist für die vier Piratinnen und Piraten auch ausserhalb der Konzertbühne wichtig. Neu ist die Band Teil des kulturellen Angebots für Schulen im Kanton Bern und spielt in Klassen. Die Neugier sei jeweils gross, gerade auch was die Instrumente betrifft, und es sei bereichernd, auch Kinder zu erreichen, die ansonsten mit Kunst und Kultur wenig Berührungspunkte haben.
Das Schiff der Badwannepirate ist fünf Jahre nach der Gründung also nicht nur voll auf Kurs, es nimmt sogar Fahrt auf. Ob die kleinen Fans schon bald auf weitere Liedschätze hoffen dürfen? Die beiden Piratinnen lachen. «Eine dritte Scheibe gibt es, wenn die Zeit reif ist», schmunzelt Simone Schranz, «die soll eigenständig und ohne Druck wachsen können. Und wir spüren meist gut und gleichzeitig, wenn es etwas Neues braucht.»
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