Die Speakerin erinnert sich ganz genau an ihren Auftritt Ende November in Mastershausen (Deutschland). Schlag auf Schlag ging die Vorbereitung, eine Viertelstunde vor Auftritt verkabeln bei der Tontechnik, dann auf der Seitenbühne einreihen und warten. Obwohl sie gewohnt ist, vor Leuten zu sprechen – sie leitet unter anderem Seminare und Workshops – war das Nervenflattern in diesem Moment enorm. «Ich war so nervös, die zwei Redner vorher habe ich nicht mehr mitbekommen», erinnert sich Dierdre Messerli lachend. Schliesslich ist der Teilnehmer vor ihr fertig, verlässt die Bühne – und der grosse Augenblick ist da. Tief Luft holen, auf die Bühne und los. Die ersten paar Sätze seien die wichtigsten, so verrät die Rednerin, sogar im Halbschlaf hätte sie die auswendig aufsagen können. Messerli gelingt der Auftritt souverän, der Text sitzt, die Zeit geht perfekt auf, das Feuer für ihre Thematik ist spürbar. Mit ihrer Performance und ihrem Thema gelebte Unternehmenskultur konnte sie sich gegen teils erfahrene Rednerinnen mit einer vielseitigen Palette an Themen durchsetzen und einen der rund zwanzig Excellence Awards entgegennehmen.
Vertrauen aufbauen
Was Dierdre Messerli auf der grossen Bühne gelang, schafft sie auch im direkten Gespräch problemlos. Mit viel Energie, lebhaft und prägnant erzählt sie, wieso sie für ein Thema brennt, das gerade in Wirtschaftskreisen immer wieder auf Skepsis stösst. «Es geht mir um gelebte Unternehmenskultur, um den Umgang mit allen möglichen Themen, wie etwa Teamdynamik oder den Umgang mit Konflikten», erklärt sie eindringlich, «ich will für Unternehmen aufzeigen, dass es dabei nicht um Händchenhalten geht. Es hat auch finanzielle Auswirkungen, das ist längst mit Studien belegt.» Dabei sei wichtig, dass Unternehmenskultur nicht bedeute, immer der gleichen Meinung zu sein oder keine Konflikte auszutragen – im Gegenteil. Unterschiedliche Ansichten sind belebend und können ein Unternehmen voranbringen. Wichtig sei, dass Vertrauen aufgebaut werden kann, so dass auch Unangenehmes auf den Tisch gebracht wird, ohne dass Konsequenzen oder gar Repressionen befürchtet werden müssen. Für die 48-Jährige ist klar: «Meinungen dürfen unterschiedlich sein, man kann trotzdem in der Pause einen Kaffee zusammen trinken.» Jeder und jede solle er oder sie selbst sein dürfen und seine Stärken einbringen können.
Einfluss auf das grosse Ganze
In ihrer täglichen Arbeit als Organisationsberaterin und Mediatorin begegnet Messerli immer wieder verzwickten Situationen. Ihre Beobachtungen dabei: «Es hat jeweils zwei Ebenen: die Vorder- und die Hinterbühne.» Es sind die Kernfragen für jede Unternehmenskultur: Welches Verhalten ist gewünscht und allenfalls vordergründig in Leitbildern festgeschrieben? Und wie sieht die gelebte Realität aus? Das eine sagen und das andere tun. Die Könizerin kennt zahlreiche Beispiele dazu. Konflikte, etwa zwischen Führungskräften oder verschiedenen Abteilungen, seien dabei oft nicht an einer konkreten Sache festzumachen. Vielmehr bieten Firmenstrukturen den Nährboden für zwischenmenschliche Streitereien. Es sei manchmal schwierig, an das Kernthema heranzukommen, nur die Spitze des Eisbergs ist sichtbar. «Oft wird dann am falschen Ort geschraubt», weiss Dierdre Messerli, Symptombekämpfung und Kosmetik gemacht, wie sie es nennt. Eine Neubesetzung hier, eine Reorganisation da. Das Ziel für sie ist demnach klar: «Ich wünsche mir, dass alle Führungskräfte, von der Geschäftsleitung bis hin zu Teamleitenden, realisieren, welchen Einfluss das Thema Unternehmenskultur auf das grosse Ganze hat.»
Essenz eines ganzen Themas
In vier Minuten für ein Thema begeistern, über das sich locker stündige Vorträge halten lassen, ist eine beeindruckende Leistung. Die Teilnahme am Speaker Slam in Mastershausen, der mit seinem Umfang und der Durchführung auf zwei Bühnen auch gleich einen Weltrekord aufstellte, war Teil einer mehrtägigen Weiterbildung. Die Vorbereitung auf den Auftritt war herausfordernd. Von der losen, umfangreichen Gedankensammlung zur wertvollen Essenz. Kürzen, Zeit stoppen, kürzen, einüben, kürzen und alles noch einmal von vorne. An einem weiteren Speaker Slam teilnehmen wird sie vermutlich nicht. «Speaking ja, Slam eher nein», lacht sie, «mir geht es nicht darum, mich mit anderen zu messen. Mir ist nur wichtig, meine Message zu verbreiten, die Leute zu sensibilisieren.» Leute berühren und begeistern für ein Thema wie Unternehmenskultur – dazu braucht eine inspirierende Persönlichkeit wie Dierdre Messerli definitiv nur ein paar Minuten.