Es geht schnell. Der Ball wechselt rasch von einer Hand, von einer Spielerin zur nächsten, fliegt rasant auf das gespannte Netz zu und wird zurückgeschleudert. Kurz bevor er aufprallt, versucht sich eine Hand zwischen Ball und Hallenboden zu schieben und ihn noch zu fangen. Vergebens, der Ball landet am Boden, der Punkt zählt. Und weiter geht’s, mal auf das eine Netz, dann auf das andere, während die Sportlerinnen leichtfüssig und flink umeinander herum wirbeln. Körperkontakt? Ball abfangen? Spielzug abblocken? Alles Fehlanzeige. Tchoukball kommt ganz ohne Drängeln aus, ist dynamisch und trotz ungewohnten Spielregeln attraktiv anzuschauen. Dennoch befindet sich Tchoukball seit seiner Erfindung vor rund 50 Jahren durch Sportarzt Hermann Brandt in Genf in einer Nische. Obwohl weltweit Tchoukball gespielt wird, hat die Sportart einen Sprung noch nicht geschafft: Der berüchtigte Röstigraben scheint beinahe unüberwindbar zu sein. «In jedem Land gibt es zunehmend Teams, nur in der Deutschschweiz klappt das nicht», erklärt Elori Baume mit charmant französischem Akzent und schmunzelt. Der Jurassier hat vom Nationalverband den Auftrag, das nun zu ändern und die Deutschschweiz von den Pluspunkten des Tchoukballs zu überzeugen.
Köniz gegen Hongkong
In Köniz ist ihm dies teilweise bereits gelungen. Im Rahmen des Schulsports sei die Gemeinde Köniz sehr offen gewesen, Tchoukball ins Angebot aufzunehmen und auszubauen. Nun gibt es seit dem Sommer neben dem Schulsportangebot auch einen Club, der Trainings und Matches für Jugendliche organisiert. Damit soll die Lücke geschlossen werden, die ansonsten im Raum Bern zwischen Schulsport und Erwachsenenclub – diesen gibt es in der Stadt Bern – besteht. Aktuell existiert für Kinder und Jugendliche in Köniz die Möglichkeit, sowohl im Schulsport als auch in einem zusätzlichen Training zu spielen. Auch erste Turniere wurden bereits gespielt. Mit zwei Juniorenteams reiste der frisch gegründete Verein an die Tchoukball Geneva Indoors, das grösste Turnier weltweit. Die beiden Teams aus Köniz spielten gegen Equipen aus Hongkong, Grossbritannien und Spanien. «Das war verrückt und hat wirklich enorm Spass gemacht», schwärmt Elori Baume.
Köniz als Brücke
Dass bereits für die Juniorenteams solch tolle Begegnungen möglich sind, hat einerseits damit zu tun, dass Tchoukball nach wie vor ein Nischendasein fristet. Andererseits zeigt sich hier auch ein Grundgedanke der Sportart. Fairplay steht im Zentrum, die Teams sind für alle offen und vom Alter und Geschlecht her durchmischt. Das ist für Elori Baume auch eine der grossen Stärken. «Die Sportart wurde mit dem Ziel und der Attitüde von gegenseitigem Respekt erfunden. Sport ist ein gutes Mittel, um diese Werte weiterzugeben und Tchoukball ist da optimal, alle können einen Platz finden», erklärt der engagierte Trainer und Nationalspieler. Er selbst hat seinen Platz bereits mit elf Jahren gefunden. «Ich war schnell sehr motiviert, obwohl ich nicht so gut war», blickt er auf seine eigenen Anfänge zurück. Doch es habe viele Gelegenheiten gegeben, als Jugendlicher spielte er bereits im Nationalteam U15 und später U18 und flog nach Taiwan an die WM. Spätestens da gab es kein Zurück mehr. Heute pendelt Elori Baume zwischen seiner Heimat und seinem Stammverein in Delémont und Köniz hin und her, ist Trainer, Spieler und für den Nationalverband tätig als Verantwortlicher für die Förderung von Tchoukball in der Deutschschweiz. «Mein Ziel in dieser Funktion ist, dass es längerfristig nicht mehr abhängig von meiner Person ist, sondern dass die vorhandene Dynamik grösser wird», erklärt er. Köniz sieht er als Mittelpunkt des Tchoukballs in der Deutschschweiz, auch wegen der Nähe zur Romandie und die somit erreichbaren Spielorte.
Der breiten Palette an Freizeitangeboten in Köniz fügt der neue Tchoukballverein auf jeden Fall einen weiteren Farbtupfer hinzu. Auch wenn der Verein noch klein ist, die Begeisterung der jugendlichen Spielerinnen und Spieler ist gross. Und genau diese Begeisterung und der gemeinsame Spass stünden im Zentrum, so Elori Baume. «Wir sind davon überzeugt, dass, wenn die Freude nicht da ist, man auch nicht gut spielt.»
INFO:
Die Sportart in Kürze
Tchoukball wird in der Halle gespielt, jeweils sieben Spielende pro Team. Gespielt wird auf zwei sogenannten Frames (ähnlich wie Minitrampolins), welche an beiden Spielfeldenden in einer Sperrzone stehen. Beide Teams spielen auf beiden Frames. Um Punkte zu erzielen, wirft das angreifende Team den Ball auf einen Frame. Der Ball muss nach dem Rückprall auf dem Boden landen. Das verteidigende Team versucht, den Ball zu fangen, bevor er den Boden berührt. Körperkontakt ist nicht erlaubt.