Nichtsahnend stehe ich am Bahnhof Bern auf dem Perron, warte auf den Zug und informiere meinen Mann über meine Ankunftszeit. Da tritt eine Mitwartende an mich heran und ruft aus: «Ihr seid alle Sklaven des Handys!» Ich frage verwundert nach, ob sie es wirklich so schlimm findet, wenn ich meiner Familie ein Update gebe? Da bricht angestaute Frustration und Bitterkeit nur so aus ihr heraus. Man könne ja auch einfach dann zuhause erscheinen, wenn man eben ankomme, man müsse nicht immer alles im Vornherein wissen. Ständig seien alle an diesen Bildschirmen, sie ertrage es nicht mehr; es wäre besser, sie wäre schon alt und würde bald sterben. Wow. Eine andere Mitreisende und ich schauen uns halb erschrocken, halb verwundert an und steigen in die soeben eingefahrene S-Bahn ein. Nachdem wir zuerst über zwei Abteile hinweg das soeben Erlebte verarbeiten, setzt sich die junge Frau mit ihrem Waveboard zu mir. Eine herzliche und spannende Unterhaltung entspinnt sich, und viel zu bald muss sie schon wieder aussteigen. Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen: Meine Smartphone-Nachricht resultierte, etwas holprig zwar, in einer ganz analogen Begegnung, die ich ansonsten nicht gehabt hätte. Fast möchte ich der verbitterten Frau danken, doch sie ist längst laut fluchend von dannen gezogen. Sie tut mir leid – wie traurig muss es sein, von einer gesellschaftlichen Entwicklung komplett überfordert zu sein. Ich wuchs noch mit Fax und Kassetten auf, fühle mich aber in der Welt der Reels und Memes pudelwohl. Trotzdem: seit diesem Erlebnis bin ich schon ein paarmal heimgekehrt, ohne mich vorher anzukündigen. Merci und alles Gute, liebe frustrierte Frau!
Wie Generationenwohnen gelingen kann
Er gehört zu den Urgesteinen der Könizer Politik. Der ehemalige Parlamentarier Christian Roth hat sich…