«Unser Fest hatte Herz und Seele»

«Unser Fest hatte Herz und Seele»

Am zweiten Juliwochenende wurde das beschauliche Bösingen während drei Tagen zum Westschweizer Treffpunkt fürs Jodeln, Fahnenschwingen und Alphornblasen. Ein buntes Wochenende, welches zeigt: Das Brauchtum lebt.

Gibt es einen Wettergott, so hat er wohl eine Schwäche für Alphornklänge und edle Schweizer Trachten. Schliesslich hat er sich am Festwochenende von seiner besten Seite gezeigt – keine Wolken, kein Regentropf, sondern prächtiges Sommerwetter. Unter dem Motto «Chùm cho ggùgge» lud das Organisationskomitee zum 30. Westschweizer Jodlerfest nach Bösingen. Über 20’000 Menschen folgten der Einladung und reisten aus der ganzen Romandie und teils von noch weiter an. Lebhaft, herzlich und friedlich wurde während drei Tagen gejutzt und musiziert, Fahnen geschwungen und getanzt, gefestet und geplaudert. Dass das Jubiläumsfest nun endlich stattfinden konnte, ist keine Selbstverständlichkeit. «Wegen der Pandemie mussten wir das Fest verschieben. Das hat vom OK und von allen Beteiligten einen langen Atem und eine Extraportion Motivation gebraucht», berichtet Christine Bulliard-Marbach, Nationalrätin und zusammen mit Manfred Raemy im Co-Präsidium des Organisationskomitees. Doch die Vorfreude und die Lust aufs Feiern sei spürbar gross bei den Menschen.

Bösingen als Gastgeberin
Dass dem idyllischen Bösingen die Ehre zukam, das Westschweizer Jodlerfest durchzuführen, ist vor allem Armin Zollet zu verdanken. Der Präsident der Folklore-Formation «ûbere Schûffenesee» trug die Idee, den traditionellen Anlass nach Bösingen zu holen, bereits längere Zeit mit sich, bis sie endlich realisiert wurde. Mit seiner Idee begeisterte er den Jodlerklub «Edelweiss Flamatt» und den Jodlerklub «Cordast», welche als Trägervereine mit an Bord waren. Von da an kam die Sache richtig ins Rollen. Bösingen, so ist auch Co-Präsidentin Bulliard-Marbach überzeugt, biete mit dem wunderschönen, traditio-
nellen und typischen Dorfkern die perfekte Kulisse für ein solch grosses Fest – und auch die Infrastruktur für den Besuch von so zahlreichen Menschen sei bereits vorhanden. Die Gemeinde war der Aufgabe als vollendete Gastgeberin mehr als gewachsen und zeigte sich von seiner besten Seite. Dass in Bösingen auch West- und Deutschschweiz aufeinandertreffen, hat natürlich zusätzlich Symbolcharakter. «Das ist für uns die Chance, Brücken zwischen den Regionen zu bauen», so Bulliard-Marbach. Kontakte knüpfen untereinander und den Austausch pflegen trotz unterschiedlicher Sprache, das war ihr ein grosses Anliegen an diesem Festwochenende.

Friedliche Stimmung
Dass sich die gemeinsame Freude am traditionellen Brauchtum für die Überwindung des berühmt-berüchtigten Röschtigrabens hervorragend eignet, zeigte sich am Westschweizer Jodlerfest mehr als deutlich. Trotz grosser Menschenmenge, ausgelassener Stimmung und doch auch dem einen oder anderen Becher Bier blieb es rundum friedlich. Dies sei an Jodlerfesten immer so, man schaue eben zueinander, war von mehreren Seiten zu vernehmen. «Es ist wichtig zu wissen, woher wir kommen, wo unsere Wurzeln sind», ist Christine Bulliard-Marbach überzeugt, «gerade bei Unsicherheit und in Zeiten, in welchen sich die Menschen Sorgen machen.» Das könne Halt geben oder gar in Form der Musik eine gemeinsame Sprache schaffen. Die Rückmeldungen zur Organisation waren so zahlreich wie positiv. «Unser Fest hatte Herz und Seele», freute sich die Co-Präsidentin.

Bunter Umzug und Wettvorträge
Doch auch wer mit traditionellem Brauchtum in seinem Alltag wenig bis keine Berührungspunkte hat, war am Westschweizer Jodlerfest willkommen und konnte ein buntes und lebensfrohes Fest mitgeniessen. Insbesondere der Festumzug am Sonntagnachmittag bot Vielfältiges fürs Auge und – natürlich – fürs Ohr. Verschiedene Chörli und Alphorn-
bläser, Fahnenschwinger und stolze Sennenhunde zogen als Festparade durchs Dorf. Doch immer wieder fanden sich in diesen Tagen weniger ausgelassene, dafür umso konzentriertere Momente. In den laufenden Wettvorträgen in den Disziplinen Jodel, Alphorn-/Büchel-
blasen sowie Fahnenschwingen und in verschiedenen Formationen zeigten unzählige Aktive ihr Können. Unter den strengen Augen der Jurorinnen und Juroren ging es darum, möglichst gute Wertungen zu erzielen, um sich so für das Eidgenössische Jodlerfest 2023 in Zug zu qualifizieren. Dabei gibt es klar festgelegte Regeln, welche eingehalten werden müssen. Beim Jodel etwa zählt nebst dem Musikalischen auch die korrekte Tracht, beim Fahnenschwingen gibt es Punktabzug für Fehlgriffe oder Wiederholungen und beim Alp-
hornblasen kommt es unter anderem auf Tonkultur, Technik und musikalischen Ausdruck an.

Kleine Fahnenschwinger
Auch der Nachwuchs war in Bösingen vertreten, sehr zur Freude der Organisierenden. Christine Bulliard-Marbach freute sich ab den Beiträgen der Kinder und Jugendlichen, welche mit den Mittagskonzerten einen besonderen Platz im Festprogramm erhielten. Mit grosser Ernsthaftigkeit und Stolz nahmen sie diesen Platz auch ein und trugen ihre Lieder, Tänze und Fahnenschwünge mit Bravour vor. Dass Kinder sowie Jugendliche nachfolgen und von klein an das Schweizer Brauchtum erleben können, ist für Christine Bulliard-Marbach wichtig. Sie selbst fühle sich dem Brauchtum seit jeher verbunden, wie sie sagt. Dass nun die jüngere Generation die Schönheit und Freude daran erleben könne, sei ihr ein grosses Anliegen. Dazu richtete sie am Sonntagmorgen in ihrer Festrede auch gleich einen Apell an die Anwesenden: «Wir haben die Verantwortung, Tradition weiterzugeben und mit Herzblut vorzuleben.» Am Herzblut mangelte es an diesem Wochenende indes weder bei der älteren Garde noch bei den kleinen Gästen.

Festlicher Sonntagmorgen
Nach zahlreichen Wettvorträgen, Gesangseinlagen und dem Mitternachtsjutz mit Balkon-
stafette spätnachts am Samstagabend war am Sonntagmorgen Zeit, um in festlichem Rahmen alle Beteiligten zu ehren und würdigen. Moderiert von Odilo Bürgy und musikalisch untermalt von den Trägervereinen «JK Cordast», «JK Edelweiss Flamatt» und der Folklore-Formation «ûbere Schûffenesee» sowie in Begleitung der «Musikgesellschaft Bösingen» fanden die anwesenden Amtsträgerinnen und Ehrengäste lobende Worte für die Helfenden, das OK und die Jodlerfamilie. Grossratspräsident Jean-Pierre Doutaz, Staatsratspräsident Olivier Curty sowie die Präsidentin des Eidgenössischen Jodlerverbands, Karin Niederberger, und der Präsident des Westschweizerischen Jodlerverbandes, Gallus Zosso, würdigten den Wert der Tradition, die Friedlichkeit und das Verbindende der Musik und ehrten den grossen Einsatz aller Beteiligten. Besonders berührend war die Ehrung von Ini-
tiant Armin Zollet. Mit stehenden Ovationen bedankte sich das Publikum für seinen Einsatz. Mit der offiziellen Fahnenübergabe von Vertretern des letzten Austragungsorts Yverdon-les-Bains an die Vertreter aus Bösingen war dann auch formal klar, wo das WSJF 2022 Zuhause war.

Wer mit offenen Augen und Ohren an einem dieser drei Tage durch Bösingen spazierte, dem dürfte – ob mit oder ohne Bezug zum Brauchtum – auf jeden Fall klar geworden sein: Die 30. Austragung des Westschweizer Jodlerfests war rundum ein Erfolg.

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