Vielleicht nebenbei die Welt retten

Vielleicht nebenbei die Welt retten

Das Klima kippt, die Ressourcen werden knapp, der soziale Kitt in der Gesellschaft droht zu zerbröseln. Eine lokale Gruppe von Menschen gibt Gegensteuer und versucht, mit kleinen Aktionen das Machbare zu verändern. Ein Beispiel ist «Climate Fresk», ein Spiel, mit dem die Folgen unseres Verhaltens aufgezeigt werden.

«Climate Fresk» ist wohl das deprimierendste Spiel der Welt. Es besteht aus rund vierzig Karten, welche wissenschaftliche Fakten des Weltklimarats zusammenfassen und die Folgen menschlichen Handelns aufzeigen. So führt der CO2-Ausstoss der Industrie oder Landwirtschaft dazu, dass Permafrost-Böden auftauen, Meere übersäuern und das Klima sich erwärmt. Dies führt wiederum zu Dürren, Überschwemmungen und Artensterben, mit anschliessenden Hungerkatastrophen, Kriegen und Völkerwanderungen. Florent Crépin, seines Zeichens Mitbegründer der Gruppierung «Transition Schwarzenburgerland» moderiert das Spiel zum vierten Mal, an diesem Montagabend im Rahmen von «Männer unter Männern» der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde. «Jedes Mal erreiche ich zwischen 10 und 15 Personen», erzählt Crépin. Die Fakten seien zwar meist bekannt, «aber die gemeinsame Diskussion bringt die Menschen näher zusammen.»

Keine einfachen Lösungen

Nach einer kurzen Pause werden die allgemeinen Zusammenhänge auf das Individuum heruntergebrochen. 14 Tonnen CO2 produziert ein Mensch jährlich in der Schweiz – das Doppelte des globalen Durchschnitts. 2 Tonnen pro Person und Jahr wären für die Erde erträglich. Das entspricht allein unserem Ausstoss durch den Individualverkehr. Die Diskussion unter den Männern ist emotional, einfache Lösungen sind nicht in Sicht. Jeder kann zwar mit kleinen Änderungen einen Beitrag leisten (weniger fliegen, besser isolieren, Fleischkonsum reduzieren). Aber für einen grossen Effekt wären Schritte notwendig, die nur die Politik leisten kann. Besonders zu belasten scheint die Anwesenden (mehrheitlich Vertreter der konsumgesteuerten «Baby-Boomer-Generation») die Mitschuld an der aktuellen Situation. Dass man es schlecht gemacht hat, ist Konsens, «Wir haben es nicht besser gewusst», die Entschuldigung. Heute sind viele Zusammenhänge bekannt, es besser zu machen als früher, wäre eine Pflicht.

«Es geht nicht nur um uns»

«Um 2017 war das Klima gross in den Medien und der Film ‹Tomorrow› mit dem deutschen Untertitel ‹Die Welt ist voller Lösungen.› hat mir imponiert», erklärt Crépin. Der 41-jährige Franzose ist im Alltag Geschäftsführer eines Medizintechnik-Unternehmens und hat gemerkt: «Wir leben in der Schweiz in einer glücklichen Situation, aber verschiedene Ressourcen können auch bei uns knapp werden. Und es geht nicht nur um uns. An anderen Orten leiden Menschen, weil wir unseren eigenen Lebensstandard hoch halten. Das ist purer Egoismus. Dabei habe ich beruflich und privat Hebel, um den CO2-Footprint zu verkleinern.» Vor eineinhalb Jahren startete er mit Gleichgesinnten die lokale Gruppierung.

Teilen statt kaufen

«Transition» ist als Bewegung 2005 in England geboren. Heute gibt es sie in mehr als 50 Ländern. Sie basiert auf dem bekannten Grundsatz: ‹Global denken, lokal handeln›. «Es geht nicht nur um Klimathemen, sondern generell um den Umgang mit knappen Ressourcen und die Stärkung des sozialen Gefüges. Es ist ein Rahmen für viele kleine Projekte, welche die Leute zusammenbringen und einen guten Lebensstandard ermöglichen, sagt Crépin. Er nennt gemeinschaftlich finanzierte Photovoltaik-Anlagen, Gemeinschaftsgärten oder generell die Idee, Dinge zu teilen, anstatt sie für sich alleine zu kaufen. Mit diesen Aktionen die Welt zu retten, ist nicht Crépins Anspruch: «Ich weiss auch nicht, ob unsere Gruppe etwas verändern kann. Aber man lernt neue Leute kennen, lernt neue Dinge und hat die Befriedigung, etwas Gutes getan zu haben. Auch wenn das Ziel sehr weit erscheint – schon der Weg lohnt sich.»

 

Nächste Idee: «Repair-Café»

«Transition Schwarzenburgerland» existiert seit rund eineinhalb Jahren und besteht im Kern aus acht Personen, welche sich alle sechs Wochen treffen, um ihre Tätigkeiten zu koordinieren und neue Ideen einzubringen. Dazwischen laufen die Einzelprojekte unabhängig weiter. Anstatt lange über komplizierte Dinge zu debattieren, werden einfache Ideen sofort umgesetzt. Die erste war die Bücherkabine in Lanzenhäusern. Es folgten eine Börse für «Gartenüberfluss», ein Whatsapp-Verschenkforum oder eine Gesprächsgruppe zu Themen jenseits des Wetters. 

Die letzten Resultate waren «Madame Frigo» (ein öffentlicher Kühlschrank beim Generationehuus Schwarzenburg) und ein Gemeinschaftsgarten neben dem Schulhaus Schlossgasse. 

Angesagt ist neu ein Repair-Café, am 3. Juni und 28. Oktober, in der Aula des Oberstufenschulhauses.

INFO:

www.transition-schwarzenburgerland.ch

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