Wenn einer eine Kreuzfahrt unternimmt…

Wenn einer eine Kreuzfahrt unternimmt…

Nein, liebe Leserinnen und Leser, ich schäme mich nicht, zuzugeben, dass ich kürzlich auf einer Kreuzfahrt war. Destination unwichtig. Wichtiger die Reederei, die Norwegian Cruise Line NCL. Achtung: Diese Kurzstory ist keine (ohnehin falsch verstandene) Abrechnung mit NCL, sondern einzig eine möglichst (…) sachliche Auflistung einiger Ereignisse. Sie werden staunen. Und in Bezug auf Servicegelder möglicherweise einiges erfahren.

Ich bin, wie ich bin, versuche meistens, hinter die Kulissen zu blicken, was mir jedoch nicht bloss Freunde beschert. Für die heutige Reportage hatte ich vor, auch einige Zeilen zur Arbeit eines Kapitäns zu schreiben. Es erging deshalb an die Presseabteilung der NCL folgender Wunsch: Ist es während der Kreuzfahrt möglich, die Brücke kurz zu besuchen und dort ein Foto zur Illustration meiner Reportage zu machen? Stimmt. Dazu gibt es eigentlich nur zwei Antwortmöglichkeiten. Ja oder nein.

Drei Monate ohne Entscheid

Ich kürze diese Episode ab, weil sie sonst die ganze Seite beanspruchen würde… Innert drei Monaten habe ich NCL ungefähr acht Mails geschrieben. Die ersten acht Wochen erhielt ich von der (wie sich später herausstellte) «Senior Public Relations Manager EMEA» überhaupt kein Echo, später hiess es, man habe viel zu tun, werde aber beim Schiff nachfragen. Als ich an Bord war, kam von der PR-Managerin ein Mail, dass man zuversichtlich sei, eine Antwort zu erhalten. Nichts geschah, auf dem Kahn wusste niemand von einer Anfrage. Und für einen Besuch auf der Brücke müsse ich zuvor ohnehin die Presseabteilung kontaktieren. Aha.

Informativ ging es hingegen auf hoher See zu und her, in der Person der Kreuzfahrtdirektorin. Für jeden Hafenkäse, den es mitzuteilen gab, erinnerte sie die Passagiere, wer sie war. «Hier spricht Ihre Kreuzfahrtdirektorin.» Auf sie werde ich noch zu schreiben kommen.

In den Reiseunterlagen stand zu lesen, dass im Pauschalpreis die Servicekosten für das Bordpersonal nicht inbegriffen seien. Ist überall ähnlich, bei allen Reedereien. «Angemessen» wären «ungefähr 20 Dollar pro Tag und Passagier». Konkret bei NCL: 20 Dollar in einer regulären Kabine, 5 USD mehr für «bessere» Kabinen, für Innenkabinen ohne Fenster hingegen keine Ermässigung. «Die tägliche Servicegebühr ist dazu gedacht, die Besatzungsmitglieder angemessen zu belohnen.» Mit anderen Worten: Die Gäste sollen gefälligst die kargen Löhne der meisten Mitarbeitenden finanzieren. Weshalb aber die Lohnkosten nicht von Anfang an im Pauschalpreis einschliessen? Und damit sind explizit alle Kreuzfahrt-Reedereien gemeint. Weiter: «Es handelt sich um eine in der Branche übliche Praxis, die es ermöglicht, einheitliche und faire Trinkgelder zu verteilen, ohne dass die Gäste sich darum kümmern müssen.» Wie nobel.

Was nun praktisch niemand weiss, weil die Reedereien es nicht in Grossbuchstaben kommunizieren mögen: Diese Servicegebühr ist fakultativ, trotz der in der Branche üblichen Praxis. Muss man jetzt ein schlechtes Gewissen haben, wenn man den Ansatz pro Person und Tag reduziert oder gar streichen lässt? Das ist nämlich möglich, wenn auch einige Hürden im Weg stehen. Egal.

Wie wäre es mit Transparenz?

Einer der Reisehöhepunkte konnte nicht angefahren werden. Höhere Gewalt? Von «operational challenges» stand danach in der Bordzeitung zu lesen. Was heisst das? Ein spezieller zusätzlich zu buchender (und mit fast 800 USD sauteurer!) Ausflug mit einem kleinen Boot hätte zu wenige Reservationen generiert, weshalb man aus kommerziellen Gründen darauf verzichtet habe, erzählt mir dagegen ein Mitarbeiter mit Streifen auf der Achsel. Davon distanziert sich die besagte Kreuzfahrtdirektorin vehement, als ich sie am Abend treffe. Und weshalb hat man die Gäste nicht informiert, sei den ganzen Tag scheinbar ziellos hin und her gefahren? «Es wurden nur jene Gäste informiert, die den Zusatzausflug gebucht haben. Die anderen ging das nichts an.» Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Ich schreibe der Reederei bei der Rückkehr einen ziemlich kritischen Brief, bitte innert zwei Wochen um Antwort. Auf dem letzten Drücker meldet sich der «Guest Experience Coordinator» von NCL. Seine Version mit entschuldigenden Worten: «Aufgrund eines Motorschadens am Landausflugsboot, das die exklusive Tour durchführen sollte, musste die Tour leider abgesagt werden.» Welche Variante gilt nun?

Wie auch immer: Es gab (nebst anderen No-Go’s…) viele positive Aspekte auf der Reise, dem Programm entsprechend. Und NCL wusste, dass ich einen Bericht über die Reise schreibe. Er hätte ganz anders ausfallen können.

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