«Wie komme ich zu mehr Strom?»

«Wie komme ich zu mehr Strom?»

Bundesrat Albert Rösti: Sitzungen, Lesestunden und Güterabwägung. Anfang April besuchte Bundesrat Albert Rösti die SVP Wahlkreis Mittelland Süd. Er gab Einblick in sein Amt, warb aber auch für das Stromgesetz, das im Juni vors Volk kommt. Hier war der SVP-Vertreter ganz Energieminister.

Quasi ein Heimspiel ist es, als Bundesrat Albert Rösti Anfang April bei der Abflughalle am Flughafen Bern-Belp vorgefahren wird. Eingeladen zum «SVP bi de Lüt» hatte der SVP Wahlkreis Mittelland Süd, angereist sind zudem parteiinterne und -nahe Gäste aus der halben Schweiz. Dennoch: Es steht die Abstimmung zum Stromgesetz an. Hier ist sich die Schweizerische Volkspartei uneins. Die Mutterpartei stellt sich klar gegen die Vorlage. Die SVP Kanton Bern wird erst nach Redaktionsschluss über ihre Parolen befinden, doch es zeichnet sich ein deutliches Ja ab. Energieminister Rösti tut denn auch sein Möglichstes, um in Belp für die «Vorlage für eine sichere Stromversorgung durch erneuerbare Energien» zu weibeln.

Nationalrat Hans Jörg Rüegsegger begrüsst die Anwesenden. Er sei überwältigt vom Andrang. Aus fast allen Landesteilen seien Interessierte angereist. Auch «Hausherr» Urs Ryf, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Flughafen Bern AG, begrüsst die Gäste. Anschliessend gibt Nationalrätin Katja Riem einen kurzen Einblick in ihre ersten Monate im Bundeshaus. 

Weniger Glückwunschkarten

«Was macht eigentlich ein Bundesrat?» Unter diesem Motto tritt nun Albert Rösti ans Mikrofon. Bis es ums Stromgesetz geht, spart auch er nicht mit Anekdoten, etwa vom Tag seiner Wahl am 7. Dezember. Er habe diesen noch in guter Erinnerung. Und doch: «Eigentlich hat man bis zum Amtsantritt kaum eine Ahnung, was ein Bundesrat genau macht.» Innert zweieinhalb Wochen müsse man alle bisherigen Funktionen abgeben – in seinem Fall das Nationalratsmandat und das Amt als Gemeindepräsident – während es gleichzeitig, schon am Tag nach der Wahl, um die Departementsverteilung geht. Er erhielt als neu Gewählter gleich das UVEK: «Da het für mi dr Schyttstock gchauberet.» In den ersten Tagen sei er mit Glückwunschkarten überhäuft worden. «Jetzt kommen nicht mehr so viele, jetzt muss man arbeiten.» 

Windrad oder Uhu-Nest?

Umwelt, Verkehr, Energie, Raumentwicklung und Kommunikation – das UVEK ist ein Departement, bei dem Rösti die Arbeit nicht so schnell ausgeht. «Mein Auftrag ist es, sicherzustellen, dass auch die nächste Generation so ein hervorragend aufgestelltes System hat für Mobilität», sagt er. Dazu gehöre es nun mal, in die Strassen und die Bahninfrastruktur zu investieren. Den vorgesehenen Autobahnausbau auf drei Spuren begründet der Magistrat mit: «Wenn so viele Leute zuwandern, muss man eben ausbauen.» Eine etwas gar vereinfachte Erklärung für ein komplexes Problem? Auf seinem Pult landeten immer wieder Dossiers, bei denen es um eine Güterabwägung gehe, gibt Rösti einen weiteren Einblick. Was sei wichtiger: ein Windrad oder das geschützte Uhu-Nest daneben? «Da kann ich nicht einfach sagen, es geht mich nichts an.» Er halte sich ans Credo: «Nur dort schützen, wo man damit kein gutes wirtschaftliches Projekt verhindert.» Und sein Führungsgrundsatz laute: «Im Zweifel für den Bürger.»

Grosser Strombedarf

Eine grosse Sorge sei der Ausstieg aus den fossilen Energien bis 2050. Dennoch: «Die Bevölkerung hat entschieden und wir sind Demokraten, das gilt es zu akzeptieren.» Sogar er, der manchmal wegen seiner Verbindung zur Öllobby «Ölbert» genannt worden sei, hätte sich schon damals für den Ausstieg ausgesprochen: «Die Frage ist nur, wie schnell.» Nun müsse dieser innert der nächsten 26 Jahre gemeistert werden: «Doch wir brauchen bis dahin etwa doppelt so viel Strom wie heute.» Umso wichtiger sei ihm als Energieminister die Frage: «Wie komme ich zu mehr Strom?» Darum sei die Abstimmung im Juni so wichtig. «Mit dieser Vorlage verschandelt ihr nicht die Landschaft», betont er, «sondern gebt ein paar Projekten den Vorrang.» 14 Tage Stromausfall bedeuteten für die Schweizer Wirtschaft einen Verlust von 184 Mrd. Franken, zeigt er auf. «Wenn der Strom ausfällt», setzt er an – und kann den Satz nicht beenden, weil genau in diesem Moment die Batterie seines Mikrofons leer ist. Grosses Gelächter im Saal. «Vermutlich soll ich langsam zum Ende kommen», kommentiert der Bundesrat mit einem Schmunzeln. Wichtig ist ihm noch, kurz auf die Medienpolitik hinzuweisen. «Klar ist es für mich gäbig, wenn ich in Basel ein Interview gebe und es meine Mutter auch in Kandersteg lesen kann.» Aber der Staat müsse für eine möglichst vielfältige Medienlandschaft sorgen. «Namentlich die kleineren Zeitungen sollen auch ihren Platz haben.» Auch hier ist der Medienminister wohl nicht ganz auf Parteilinie, wenn er darauf hinweist, dass mit der «200 Franken-Initiative» «viel kaputtgemacht» würde im Service Public. 

Zum Schluss gibt Albert Rösti einen Einblick in einen «typischen Bundesrats-Tag». 10 bis 14 Sitzungen pro Tag sind normal, und entsprechend durchgetaktet seien diese. Am Wochenende  sei er gewöhnlich 6 bis 7 Stunden am Lesen, um sich auf die nächste Woche vorzubereiten. Dazu kämen viele Abend- und Wochenend-Anlässe. «Es ist relativ streng.» Trotzdem nimmt sich der Bundesrat nach der abschlies-
senden Fragerunde noch Zeit, um Hände zu schütteln und sich kurz mit Gästen auszutauschen.

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