Wir suchen eine Hausärztin

Wir suchen eine Hausärztin

Man weiss es aus den Medien: Es herrscht ein Mangel an Hausärzten. Ein Glücksvögeli ist also, wer gut betreut wird. Und wenn nicht, dann sucht man sich halt eine neue Adresse. Leichter gesagt und geschrieben, als getan. Ich schreibe die Story absichtlich so, dass keinerlei Rückschlüsse möglich sind. Die Fakten hingegen sind wasserdicht.

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Praxis 1: Nach einer erneuten Fehlleistung meine Hausarztes – eine seiner Fehldiagnosen hätte beinahe dazu geführt, dass ich diese Zeilen nicht mehr zu Papier bringen kann – beschliesse ich, den Anbieter zu wechseln. Und werde fündig in einer grossen Gemeinschaftspraxis. Meine Unterlagen werden umgehend dorthin transferiert, ohne dass der Arzt gefragt hätte, weshalb. Henusode.

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Praxis 2: An und für sich muss ich einer «normalen» Verletzung wegen – ich kenne meinen Körper inzwischen recht gut – sicherheitshalber einen Aderlass über mich ergehen lassen. Vier Röhrli werden abgefüllt und ins Labor gesandt, mit der Bitte, gleich einen Generalcheck damit zu veranstalten. Wenn schon, denn schon. Zusätzlich wird geröntgt, ich werde auch zu einem Venenspezialisten geschickt, bei dem sich herausstellt, dass alles in Ordnung ist.

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Ein paar Tage später stehe ich zur Besprechung wieder in der Praxis. Was mich vor allem interessiert, sind die «allgemeinen» Werte. Sie wissen schon: Zucker, Cholesterin und PSA. Und hier beginnt meine Odyssee. Obwohl der Arzt mir beim ersten Kontakt ein neues Rezept für Prostata-Tabletten mit auf den Weg gegeben hat, fehlt diese Angabe. Sein Fehler, er hätte vergessen, das zu erfragen, «weil auf dem Bildschirm alles so klein beschrieben ist. Muss wohl mal zu einem Augenarzt». Ich gebe ein zweites Mal Blut.

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Beim dritten Treffen innert weniger Tage ist der PSA-Wert bekannt, liegt innerhalb der Toleranz (was das auch immer heissen mag). Und was ist mit dem Zucker und dem Fett? Zu erfragen vergessen. Ich muss am nächsten Tag nochmals antraben, «nüchtern». 

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Es passiert zwei Tage später Unerwartetes. Ich vermute eine heftige Blasenentzündung. Ich erspare Ihnen Details. Anruf in die Praxis. Am nächsten Morgen Blut und Urin. Ob man eine Urin-Schnellprobe machen könne, damit ich sofort ein Antibiotikum kriegen kann, schliesslich stehe das Weekend bevor – und drei Tage ohne Mitteli, in meinem Zustand? Geht nicht, es muss auch noch «eine Kultur» angesetzt werden, vorher könne man mir nichts verschreiben. E schöne Seich. Ohne Medi fahre ich umgehend zur Apotheke, wo sich zum Glück gerade keine Kunden aufhalten. Dort poste ich das, wofür Tena am Fernsehen Werbung schaltet. Dann das Wunder: Nach 24 Stunden verabschieden sich meine Beschwerden weit diskreter als bei ihrem plötzlichen Auftauchen. Am frühen Montagmorgen erhalte ich aus der Praxis einen Anruf, ich möge doch einen Termin für eine nächste Besprechung abmachen. «Das ist nicht nötig, ich habe heute Nachmittag um 15 Uhr bereits einen Termin, der wurde am Freitag fixiert.» Die Anruferin nimmt das zur Kenntnis und mailt mir subito die Bestätigung. Für 17 Uhr.

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Ich finde mich um 15 Uhr in der Praxis ein. Dort hat man (wie zu erwarten war) «erhöhte» PSA-Werte festgestellt. Ich solle morgen doch zur Sicherheit nochmals… Nein, will ich nicht, kein fünftes Mal! Ohne mich. Auch nicht umgehend zu einer Urologin. Basta. Dann kommt der Cholesterinspiegel doch noch zur Sprache. Ein Wunder, bin ich nicht tot. Man will mit mir deshalb das volle Programm durchspielen, EKG undsoweiterundsofort. Will ich nicht. Das möchte ich mit einem neuen Hausarzt besprechen, behalte das Vorhaben jedoch noch für mich.

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Es gäbe zu Praxis 2 noch das eine oder andere Intermezzo zu erzählen, ich will Sie aber nicht verwirren oder langweilen. Item: Ich erhalte von einer Bekannten die Adresse einer «tollen Ärztin», die aber vermutlich keine neuen Patienten aufnehmen wird.
Dennoch schreibe ich ihr eine Mail.

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Praxis 3: Bereits an nächsten Tag sehe ich, dass von Praxis 3 eine Sprachnachricht vorliegt. Was man mir wohl sagen wird? Sie, liebe Lesende, werden es nie erraten. Die Praxisassistentin spricht mich mit einem Familiennamen an, den ich noch nie gehört habe. Das angeforderte Medikament sei jetzt eingetroffen, ich könne vorbeikommen. Wenig später eine zweite Sprachnachricht, dieses Mal von der Chefin. Sie bedaure das Missverständnis und entschuldigt sich in aller Form, die Nachricht wäre nicht für mich bestimmt gewesen. Sie bedauert nochmals, nämlich, dass sie keine neuen Patienten betreuen kann.

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Praxis 4: Ein paar Tage später treffe ich im «Pyri» einen alten Bekannten, Jüre. Und worüber unterhalten sich alt-68er? Genau. Entweder über die guten alten Zeiten oder über die Neuzeit, sprich, über Krankheiten. Ich erzähle ihm von der Sache, worauf er mir seinen Hausarzt empfiehlt, «ein Ass», wie er sagt, was ich ihm sogar glaube, schliesslich ist der Medizinmann eine in der Öffentlichkeit bekannte Persönlichkeit. «Im Sinne einer Ausnahme» werde ich nach einer Mail sogar als neuer Patient aufgenommen. Mau luege, was itz passiert.

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