In der Zwischenzeit hat der Sensler an der Weltmeisterschaftsendrunde in Katar gespielt, steht im Aufgebot von Nationaltrainer Murat Yakin für die kommende EURO in Deutschland und ist seit Januar 2022 Stammspieler beim FC Bologna in der Serie A, mit dem er sich soeben für die Champions League qualifiziert hat. Da darf man wahrlich die Frage stellen: «Fussballerherz, was willst du mehr?» Er ist zwar noch nicht bei den «Königlichen», bei Real Madrid gelandet, doch wer weiss? Möglich, dass Bologna nur eine schöne Zwischenstation ist. Italienisch parliert der Freiburger bereits beinahe perfekt, übersetzt in der Garderobe für seine Mitspieler, welche die «bella lingua» noch nicht beherrschen, die Anweisungen von Trainer Thiago Motta, ob in Deutsch, Französisch oder Englisch spielt für den ehemaligen YB-Spieler keine Rolle. Weshalb jetzt nicht auch noch Spanisch?
Auf der Erfolgswelle
Kurz vor der Abreise nach Deutschland unterhielt sich «Die Könizer Zeitung | Der Sensetaler» mit dem Mann aus der Region. «Es läuft bei mir derzeit wirklich ausgezeichnet, sowohl mit der Mannschaft als auch persönlich. Dass wir uns für die Champions League qualifizieren konnten, hat vor Saisonbeginn kein Mensch erwartet, umso grösser ist die Euphorie in der Stadt. Unsere Heimspiele sind stets ausverkauft, die ganze Region rund um Bologna ist begeistert, denn niemand hatte damit rechnen können, dass wir gegen diese starken Gegner so ausgezeichnete Leistungen zeigen», sagt der Mann, dessen Karriere einst beim FC Heitenried begann und über Freiburg nach Bern führte.
Das Verdienst des Trainers
Grosses Lob zollt Michel Aebischer Bologna-Trainer Thiago Motta, der das Amt 2022 für den an Krebs erkrankten und in der Zwischenzeit verstorbenen ehemaligen Weltklasse-Verteidiger Sinisa Mihajlovic übernahm. «Schaute nach meiner Ankunft in Bologna noch mehr oder weniger jeder Spieler für sich selbst, hat Motta das Team jetzt zu einer Einheit zusammengeschweisst. Der Teamgedanke hat sich verändert und deshalb kommen unsere Qualitäten auch viel besser zum Ausdruck», sagt Michel Aebischer.
Die Young Boys verfolgt Michel Aebischer aus der Ferne immer noch aufmerksam. Passt es zeitlich, schaut er sich die Spiele an, reicht die Zeit nicht dazu, versucht er, sich mit den Zusammenfassungen auf SRF auf dem Laufenden zu halten. Auch die Kontakte nach Bern hält er aufrecht. «Mit Sandro Lauper und Dario Marzino telefoniere ich regelmässig, so weiss ich auch, was in der Mannschaft läuft.»
In Bologna gut eingelebt
Michael Aebischer wohnt in Bologna mitten in der Stadt, wo er, so seine Aussage, «ein ganz normales Leben führen kann. Ich werde zwar hier und dort erkannt und um ein Selfie oder ein Autogramm gebeten, doch alles ist durchaus erträglich. Gerade vor unserem Gespräch hat mich vor dem Haus ein älterer Mann angesprochen, mir gratuliert und seiner Freude über die Leistungen des FC Bologna Ausdruck gegeben.» Michel Aebischer ist nicht der einzige Schweizer im Team, auch Remo Freuler und Dan Ndoye gehören zum Stamm der Rot-Blauen und reisen mit der Nationalmannschaft an die EURO nach Deutschland.
«Mit den beiden verstehe ich mich sehr gut, mit Remo Freuler bin ich auch ausserhalb der Trainings und der Spiele oft zusammen – er wohnt unweit von mir», sagt Aebischer. Aus der Schweiz erhält er oft Besuch. «Meine Freundin pendelt zwischen Bern und Bologna, meine Eltern und viele Freunde kommen zu den Spielen und sind Gast bei mir.» Sie werden bekocht, denn Michel Aebischer hat sich in Italien zu einem «Self-made-Man» entwickelt. «Ich koche selbst, Gemüse, Pasta, Reis, Sachen, die für einen Sportler gesund sind – ich verhungere nicht…»
Die Rolle im Team
Nach seinem Wechsel aus der Schweiz musste sich der Sensler zuerst an den höheren Rhythmus und den harten Konkurrenzkampf gewöhnen, doch schon bald hat er sich durchgesetzt. Thiago Motta verlangt von Aebischer, dass er sich taktisch klug verhält, Löcher stopft, den Spielaufbau orchestriert, so wie es zu den Aufgaben eines perfekten «Sechsers» gehört. Aebischers Rolle ist nicht so, dass er gross auffällt, dafür aber umso wichtiger, um als Team erfolgreich aufzutreten. «Mein Auftrag ist ähnlich, wie er bei YB war. Ich bin heute bereits einer der erfahrensten Spieler im Team, entsprechend gross ist auch mein Einfluss auf die ganze Mannschaft», berichtet Bolognas Denker und Lenker, der oft auch als Captain aufläuft. Derzeit noch für den FC Bologna, schon bald mit der Schweiz an der EURO, dann in der Champions League und, wer weiss, vielleicht demnächst in Spaniens Hauptstadt an der Seite von Luka Modric, Weltfussballer 2018 und 174-facher Nationalspieler Kroatiens, seinem Vorbild Toni Kroos oder Jude Bellingham, den Stars von Real Madrid?
UEFA EURO 2024: Die Spiele der Schweizer Nationalmannschaft
Sa, 15. Juni, 15 Uhr: Ungarn – CH
Mi, 19. Juni, 21 Uhr: Schottland – CH
So, 23. Juni, 21 Uhr: Deutschland – CH