«Natur und Musik brachten uns Glück»

«Natur und Musik brachten uns Glück»

Preis um Preis von nationalen und internationalen Musikwettbewerben geht in den Weiler Kriesbaumen. Dort wohnt eine Familie, die ihren Träumen und Leidenschaften Raum zu geben versucht.

Als ein Brand all ihr Hab und Gut zerstörte, zog sich die Familie mit den damals zwei Kindern – die Mutter hochschwanger – auf die spanische Insel La Palma zurück, um sich neu zu orientieren. «Wir planten eigentlich, ein paar Monate Auszeit zu nehmen», erzählt Judith Toth. Zwei Jahre darauf wollten sie definitiv dorthin auswandern, doch kurz vor der Insel kam es zu einem Fähr-
unglück. Die Familie verlor wieder allen Besitz und beinahe ihr Leben. «Das Einzige, was uns blieb und uns Halt gab, war die Musik, die wir in der Familie spielten», schaut ihr Mann Peter zurück.

Wettbewerb statt Wildnis
Heute ist dieses Geburtshaus des dritten Kindes von meterhoher Lava des Vulkans bedeckt, der diesen September ausgebrochen ist. Familie Toth ist schon längst zurück in der Schweiz, ihre Kinder sind im Teenageralter. Tochter Ronja (20) hat ihr Studium der Molekularbiologie in Deutschland aufgenommen, Sohn Anatol (17) besucht bereits seit zwei Jahren die Musikhochschule in Basel, an der er Geige studiert – seit einem Jahr Vollzeit. Auch die beiden jüngeren Töchter Manoush (15) und Anouk (12) haben sich der Musik verschrieben. Dies ist der Grund, warum Toths seit acht Jahren wieder in der Schweiz sind. «Lebt man fernab der Zivilisation, findet man keine geeigneten Musiklehrer», erklärt Peter Toth. In Guggisberg war ein Mittelweg möglich: Viel Natur, aber dennoch erreichbare Lehrkräfte an Hochschulen. «Die Geschwister verbrachten viel Zeit draussen, was ihren Ausdruck in der Musik inspirierte», so Peter Toth. Sie besuchten keine Schule, sondern lernten «organisch, aus dem Alltag heraus», wie es der Vater beschreibt. Nur die älteste Tochter absolvierte auf ihren eigenen Wunsch das Gymnasium Lerbermatt in Köniz. «Wir entschieden uns nicht bewusst gegen die Schule, es ergab sie einfach so», sagt er. «Das Lernen fiel ihnen aber immer leicht, und wir unterstützten sie darin, Fragen zu entdecken und ihnen selber nachzugehen.» Die Eltern sehen noch einen anderen Faktor für den Erfolg ihrer Kinder: «Sie kennen keine Langeweile und verbrachten nie Zeit mit Handy, Social Media oder Computergames. Stattdessen nutzten sie ihre Zeit sinnvoll.»

«Wir rechneten nicht damit, dass sich diese Hingabe an die Musik so entwickelte», fügt er an. Nach dem Umzug in die Schweiz besuchten sie erste Wettbewerbe. «Sie gewannen auf Anhieb. Wir waren selbst überrascht», beschreibt es Toth. Die Erfolge zogen Unterstützung durch Stiftungen und private Spender nach sich, die weiteren Unterricht erst möglich machten. Einerseits lieben sie es, sich ein Musikstück zu erarbeiten. Andererseits ist es nicht immer einfach, sich den Juroren auszusetzen.

Enger Zusammenhalt
«Für die Kinder hatte Musik schon seit jeher einen existenziellen Aspekt», so Toth. «Viele Leute sind stark berührt von der Emotionalität ihres Spiels.» Bei Anatol ist es die Geige, bei Anouk das Cello. Manoush spielt Klavier, Geige, Orgel und Cembalo. Lange war die Familie fernab von allem anderen auf engem Raum. Es erstaunt daher nicht, dass die Geschwister auch gemeinsam Musik machen – als Duo oder Trio. «Sie sind zusammengewachsen, haben eine tiefe Verbundenheit», sagt Peter Toth. Heute spielen sie alle auf internationalem Niveau. Ihre Eltern unterstützen sie, wo sie können. Fahren sie zum Unterricht, begleiten sie an Wettbewerbe, kümmern sich um Stipendien und Spenden, organisieren Konzerte. Damit das möglich ist, mussten Judith und Peter Toth ihre eigenen Wünsche zurückstellen. «Wir wollten aus Schicksalsschlägen das Beste machen», schaut er zurück. Das kostet Kraft und bedeutet Verzicht. Die Familie lebt in bescheidenen Verhältnissen. Trotzdem überwiegt immer wieder die Dankbarkeit: für die vier Kinder, für immer wieder neue Möglichkeiten, für grosszügige Unterstützung von aussen und für das Leben in schönster Natur. 

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