Vizeweltmeister im familiären Rahmen

Vizeweltmeister im familiären Rahmen

Vom 18. bis 22. Oktober traten die besten Carrosseriespengler der Welt in der Mobilcity in Bern gegeneinander an. Dominik Bartlome erreichte mit dem zweiten Platz sein Ziel und ist froh, dass er wieder mehr Zeit für seine Freunde und Hobbies hat.

Nach seiner Lehre bei der «Carrosserie G&G» in Niederwangen und dem Sieg an den SwissSkills im November 2020 empfahl sich Bartlome in einem Assessment als Schweizer Vertreter für die Carrosseriespengler an den 46. WorldSkills in Shanghai. Wegen der Pandemie wurde der Anlass zunächst um ein Jahr verschoben, im Juni 2022 wegen anhaltender Restriktionen abgesagt. «Ich konnte es kaum glauben, habe aber weiter trainiert und auf eine Lösung gehofft», erinnert sich Bartlome. Kurzfristig entstand die «WorldSkills Competition 2022 Special Edition», mit dezentralen Wettkämpfen während 12 Wochen in 15 Ländern. Dies motivierte den Schwarzenburger zusätzlich: «Zuletzt habe ich einen Monat lang jeden Abend trainiert, inklusive an meinem freien Tag und am Samstag.»

Asiaten in Bern
Aus einer Reise nach China inklusive Mega-Event wurde ein Heimspiel in Bern, im fast schon familiären Rahmen. Bartlome hat sich frühere Eröffnungs- und Schlusszeremonien angeschaut, mit Stadien voller jubelnder Zuschauer. Die Enttäuschung, einen Mega-Event verpasst zu haben, hält sich in Grenzen: «Mir hat der neue Rahmen gepasst», erzählt er. «Der Kontakt zu den anderen Kandidaten wäre nie so gross gewesen. Wir haben schon vier Nächte vor dem Wettkampf im Hotel eingecheckt und zusammen gegessen. Am Wochenende haben wir uns Bern angeschaut. Für die anderen war es sicher spannender als für mich», meint er schmunzelnd, «ich habe den Zytglogge-Turm schon oft gesehen». Auf dem Programm stand eine auf englisch moderierte Stadtführung von Bern Welcome zum Bärenpark, dem Münster und dem Botanischen Garten. «Der Koreaner und der Japaner haben immer genickt. Ich habe gemerkt, dass sie kein Wort verstehen und mit Google-Translate nachgeholfen.»

Zeitdruck und Ablenkung
Der Wettkampf begann am Dienstag und erstreckte sich über dreieinhalb Tage. «Wir hatten vier Posten», erklärt Bartlome. «Anbauteile anpassen, Richtarbeiten erledigen, eine Tür ausbeulen inklusive Kunststoffreparatur und einen Abschnitt eines Längsträgers ersetzen inklusive Ersatz einer A-Säule und einer Seitenwand.» Allein der letzte Posten umfasste 8,5 Stun-den, wobei diese Arbeiten im Alltag drei Tage dauern würde – ein enormer Zeitstress. Den Umgang mit Zeitdruck hatte Bartlome geübt, und auch mit der Fokussierung klappte es: «Beim grössten Posten hatte ich den dümmsten Platz, an der Scheibe für Zuschauer. Hinter mir war der japanische Konkurrent, vor mir etwa 15 seiner Verwandten mit Fotoapparaten.» Er habe sie aber nur zu Beginn kurz wahrgenommen. «Vor einem Jahr hätte ich vermutlich nicht so die Ruhe bewahren können. Ich hatte auch einige Fehler drin, konnte diese aber schnell abhaken. Früher hätte ich mich fürchterlich aufgeregt.» Ihm war bewusst, dass in dieser Stresssituation jeder seine Fehler machen wird.

«Die ersten zwei Tage lief es mir sehr gut, die Posten lagen mir – das baute mich auf», resümiert Bartlome. «Der dritte Tag war hart, es schlichen sich kleine Fehler ein. Und am letzten Morgen hiess es nur noch: Vollgas. Nach dem Schlusshorn räumten wir auf, gingen duschen und trafen uns zum Fondueplausch mit allen Kandidaten und Experten – das war einzigartig.» Das neue Format habe die Stimmung extrem verändert: «Während des Wettbewerbs war jeder fokussiert auf seine Arbeit. Aber am Abend haben wir uns gegenseitig Feedback gegeben. An anderen Weltmeisterschaften ging man nach dem Schlusspfiff zu den Leuten mit dem Schweizerkreuz und zurück ins Hotel.» Dass einige starke Nationen, darunter auch die Chinesen, auf eine Teilnahme verzichteten, findet Bartlome schade. Er hätte sich gerne mit ihnen gemessen, zumal sie immer unter den ersten drei Plätzen anzutreffen gewesen sein.

Silber mit Sportsgeist
Am Samstag folgte die Rangverkündigung. Bartlomes Gefühl deutete auf ein gutes Ergebnis hin, aber: «Ich war sicher, dass der Japaner Gold hat – seine Teile waren so sauber bearbeitet.» Als auf dem dritten Platz Taiwan ausgerufen wurde, hatte er kurz ein mulmiges Gefühl. Zu seiner grossen Erleichterung hörte er gleich darauf den eigenen Namen. Letztlich trennten ihn nur wenige Punkte von der Goldmedaille. Dennoch ist Bartlome glücklich über seine Leistung und anerkennt: «Der Japaner hat es in der vorgegebenen Zeit besser gemacht.» Das nennt man Sportsgeist.

Das Abenteuer ist vorbei, das nächste Ziel ist irgendwann die eidgenössische Berufsprüfung. Bartlome freut sich, wieder mehr Freizeit zu haben. Angst davor, dass ihm langweilig werden könnte, hat er nicht. «Ich hatte seit dem Wettkampf noch jeden Samstag ein volles Programm», meint er mit einem Lachen. Sagts und packt die Hockeytasche – das erste Mal seit einem Jahr, dass er wieder ein Training auf dem Eis mitmachen kann.

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