Wo dürfen Kinder noch Kinder sein?

Wo dürfen Kinder noch Kinder sein?

Eine Waldspielgruppe ermöglicht den Kindern, die Natur spielend zu entdecken, und fördert einen verantwortungsvollen Umgang mit unserer Umwelt. Die Kinder sollen die Natur auf spielerische Weise kennenlernen. Doch gerade diese Tatsache wurde dem Verein «Naturkinder Gantrisch» zum Verhängnis.

Kinder haben eine natürliche Neugierde und ein ausgeprägtes Erkundungsverhalten. Spielend entdecken sie die Welt. Dass es zu Konflikten zwischen lärmenden Kindern und ruhebedürftigen Nachbarn kommt, gibt es immer wieder. Ein Recht auf absolut ruhiges Wohnen gibt es jedoch nicht. Das schweizerische Gesetz verlangt aber Rücksicht von allen beteiligten Parteien, ob mit oder ohne Kinder. Mit etwas gutem Willen, gesundem Menschenverstand und einem respektvollen Dialog von beiden Seiten bleibt der Frieden gewahrt. Funktioniert in der Theorie, jedoch nicht immer in der Praxis.

Diese Erfahrung machte der Verein «Naturkinder Gantrisch». Bereits zum dritten Mal musste der Verein eine neue Bleibe suchen. Zweimal innerhalb des Wahlernwaldes aufgrund von Beschwerden wegen Lärmbelästigung. Nicht immer bleibt es bei einem wohlwollenden «Miteinander». Schnell sind böse Worte oder beleidigende Aussagen gefallen. Probleme werden damit allerdings nicht gelöst. «In solchen Fällen braucht es ein klärendes Gespräch mit allen Beteiligten», sagt Daniel Rebetez, Gemeinderat des Departements Hochbau und Raumplanung. Die Gemeinde lud aufgrund des Beschwerdeschreibens des Anwaltes der klagenden Parteien zu einem «runden Tisch» ein. «Beschwerdeschreiben an die Gemeinde aufgrund von Lärmemissionen sind nicht gerade an der Tagesordnung, kommen aber immer wieder vor», berichtet der Schwarzenburger Politiker. Ausschlaggebend für die Intervention einiger AnwohnerInnen war offenbar die Befürchtung, das Angebot des Vereins könnte noch grössere Ausmasse annehmen und sich langfristig zu einer privaten Waldschule weiterentwickeln.

Kinder müssen sich frei entfalten können

Eliane Kalasz, Naturpädagogin und Kleinkindererzieherin, hat die Waldspielgruppe vor drei Jahren ins Leben gerufen. Eine Vereinbarung mit dem Waldbesitzer und alle nötigen Bewilligungen wurden vorgängig eingeholt. Für sie und ihr Team ist die Arbeit mit den Kindern in der Natur eine Herzensangelegenheit. «Wenn Kinder viel Zeit in der Natur verbringen, nehmen sie wertvolle Erfahrungen mit und gehen verbundener und gestärkter durch das Leben.» Die Geschehnisse der letzten Monate haben die Spielgruppenleiterin nachdenklich gestimmt. «Ich finde es bedauerlich, dass der grössere Teil unserer Gesellschaft anscheinend nicht bereit ist, diese kostbare Ressource zu fördern und zu unterstützen. Auch macht sie sich Gedanken, dass es bei den Konflikten um einen gesellschaftlichen Graben zwischen «konservativ» und «alternativ» geht. Für die dreifache Mutter ist klar: Kinder brauchen für eine gesunde Entwicklung das freie Spielen in der Gruppe, idealerweise draussen an der frischen Luft. 

Die Welt mit Kinderaugen betrachten

Es scheint, dass bei uns Erwachsenen viele der kindlichen Eigenschaften wie Neugierde, Begeisterung und Unbeschwertheit verloren gegangen sind. Verständlich, in unserer lauten und schnelllebigen Zeit wünschen wir uns in unseren eigenen vier Wänden Ruhe und Erholung. Die Konflikte um den Verein «Naturkinder Gantrisch» weisen auf ein gesellschaftliches Dilemma hin. Befragungen zeigen: Grundsätzlich sind Frau und Herr Schweizer tolerant und haben nichts gegen spielende Kinder. Doch wenn ihr Lachen, Kreischen und Getrampel durch die zwei Meter hohe Thujahecke im eigenen Garten dringt, hört dann doch bei einigen der Spass auf. 

Neuanfang

Der Verein Naturkinder Gantrisch will auf einen langen Streit verzichten und hat sich nun einen neuen Standort gesucht: «Wir wünschen uns ein Umfeld, wo wir mit den Kindern willkommen und akzeptiert sind. Daher brechen wir unsere Zelte ab und hoffen, dass wir am neuen Ort, welcher sich im Brünnbachwäldli befindet, Wurzeln schlagen dürfen», sagt Kalasz zuversichtlich. 

Ein kleiner Hoffnungsschimmer: Die klagenden Anwohner haben sich auf Anfrage bereit erklärt, einen finanziellen Zustupf an den Umzug zu leisten. 

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